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Angela Merkel und CDU-Europa-Spitzenkandidaten David McAllister

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Europa-Parteitag der CDU: Und im Hintergrund: Spitzenkandidat David McAllister

„Gemeinsam erfolgreich für Europa“ - so ist das Motto der CDU auf ihrem Europa-Parteitag. CDU-Europa-Spitzenkandidaten McAllister wird mit 98,8 Prozent ins CDU-Bundespräsidium gewählt. Nur das Hauptmotiv der Wahlkampfplakate ist er nicht.

Von Robert Birnbaum

Ziemlich viel Vergangenheit liegt in der Luft an diesem Samstag bei der CDU. Jean-Claude Juncker redet von früher, David McAllister erzählt von seinem Vater, dem schottischen Weltkriegssoldaten, und Peter Tauber von seinem Opa, der noch Hasslieder gegen die Franzosen gelernt hat. Das passt zur Architektur der alten Berliner Messehallen, in die die CDU am Wochenende ihren Europa-Parteitag verlegt hat. Es passt aber auch gut ins Konzept der Christdemokraten für nächsten 50 Tage Wahlkampf. Krieg und Frieden sind plötzlich wieder Thema auf dem Kontinent.

„Wir haben uns das nicht gewünscht“, sagt Angela Merkel. Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende ist Hauptrednerin – was nicht weiter verwunderlich ist für den ersten ordentlichen Parteitag der CDU nach dem langen Wahlkampfjahr. Dass Merkel auch das Hauptmotiv der Plakatserie ist, die die CDU-Zentrale am Freitag vorgestellt hat, ist nicht ganz so normal, schließlich will sie am 25. Mai gar nicht ins Europaparlament. Verstehen kann man es aber schon. Denn ob jeder CDU-Wähler den CDU-Europa-Spitzenkandidaten McAllister kennt, darf man bezweifeln, auch wenn die Delegierten den Ex-Ministerpräsidenten von Niedersachsen frenetisch bejubeln und mit 98,8 Prozent ins CDU-Bundespräsidium befördern.

Horst Seehofer kommt nicht zu Wort: Er ist nicht da

Merkel kennt jeder, sowieso. Das erklärt womöglich auch den bisher eher laxen Umgang der CDU mit dem Wahltermin. Selbst der Parteitag findet halb versteckt statt an einem Samstag, an dem vernünftige Menschen keine Nachrichten gucken; beim geselligen Abend am Freitag im Adenauer-Haus ist Presse unerwünscht. Die Konflikte der Innenpolitik fallen fast ganz aus; in der Generalaussprache wird nur kurz Protest gegen die Frührente mit 63 laut.

Peter Tauber wurde offiziell zum Generalsekretär der CDU gewählt.
Peter Tauber wurde offiziell zum Generalsekretär der CDU gewählt.

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Horst Seehofer kommt aber auch nicht zu Wort, weil er nicht da ist. Das Grußwort des CSU-Vorsitzenden gehört bei der Schwesterpartei eigentlich zur festen Tradition. Halbamtlich wird der Verzicht auf den Tagesordnungspunkt mit Zeitmangel begründet. Viele Redner sind gesetzt, da bleibe kein Platz für ein angemessen pompöses Grußwort. Aber vermutlich ist es eh richtig, dass Seehofer in Bayern bleibt. Allzu weit auseinander ist die Union in diesem Wahlkampf.

„Gemeinsam erfolgreich für Europa“

Den Unterschied steht unübersehbar an der Wand. „Gemeinsam erfolgreich für Europa“ prangt als Botschaft an der Podiumswand. Bei der CSU würden sie zwar auch nicht direkt „Gemeinsam erfolgreich gegen Europa“ plakatieren. Aber die einschlägigen Beiträge des neuerdings zum CSU-Parteivize aufgestiegenen Peter Gauweiler klingen exakt so. Das ist Absicht. Die Bayern glauben, dass sich Euroskeptiker vom Schlage der „Alternative für Deutschland“ nur einfangen lassen, wenn man in etwa so redet wie sie.

Gauweiler hat die AfD gerade sogar als „Hallo-Wach-Tablette“ für die CDU bezeichnet, was ja sinngemäß heißt, dass die Anti-Euro-Partei Recht hat. Bei der CDU finden sie das nicht komisch. Auch Merkel erwähnt zwar in ihrer Rede den unvermeidlichen Duschkopf, dessen Form und Ausstattung die EU-Kommission gar nichts angehe. Aber ansonsten folgt die Auseinandersetzung mit den Skeptikern dem Motto: „Gar nicht ignorieren.“ Nur Jean-Claude Juncker, Spitzenkandidat der gesamten Europäischen Volkspartei für die Euro-Wahl, wird deutlich: Er trete auch deshalb an, weil er „die systematische Verunglimpfung der Europäischen Union“ leid sei.

Juncker bekommt vom Parteitag dafür rauschenden Applaus und von der Kanzlerin ein Zugeständnis: als „unseren Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten“ tituliert sie den Luxemburger. Merkel hat sich bisher nicht darauf festlegen wollen, dass der Wahlsieger automatisch an die Spitze der Brüsseler Kommission rückt. Aber der Lissabon-Vertrag gibt die Handhabe, und der Spitzenmann der Sozialisten, der deutsche EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, wirbt offen für den Karrieresprung.

Über den Sozialdemokraten verliert Merkel nur indirekt einige Worte: Es gehe nicht an, dass die einen sich um Wirtschaft und Arbeitsplätze kümmerten und die anderen ums Verteilen. Mehr Platz in ihrer Rede nimmt das Thema ein, das sie sich nicht gewünscht hat. Die Ukraine-Krise gibt diesem Wahlkampf einen neuen Dreh. „Das sind Momente, wo wir wieder gefragt sind“, sagt Merkel; wo Europa zu seinen Werten stehen und sich dem Recht des Stärkeren widersetzen müsse, „sonst sind alle unsere Sonntagsreden leere Worte“. Wenn in diesem Wahlkampf nicht nur über Euro-Milliarden debattiert wird und über Duschköpfe, sondern auch über die Renaissance der guten alten Friedensgemeinschaft – Merkel und ihrer CDU wäre es recht.

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