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Gegen die Justizreform gab es in Polen massive Proteste.

© Alik Keplicz, AP, dpa

Europäischer Gerichtshof entscheidet: Polnischer EU-Haftbefehl muss nicht zwingend vollstreckt werden

Nach der Justizreform in Polen bestehen Zweifel an fairen Gerichtsverfahren. Wenn diese begründet sind, muss nicht ausgeliefert werden.

EU-Staaten müssen einen Europäischen Haftbefehl aus Polen nicht mehr in jedem Fall vollstrecken. Voraussetzung ist allerdings, dass wegen der jüngsten polnischen Justizreformen auch im konkreten Fall ein unfaires Gerichtsverfahren droht, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einem am Mittwoch verkündeten Eilurteil entschied.

Im Streitfall geht es um einen Polen, der sich in Irland aufhält. Wegen Drogenhandels stellte Polen gegen ihn gleich drei Europäische Haftbefehle aus. Gegen deren Vollstreckung wehrt er sich mit dem Hinweis auf die polnischen Justizreformen. Die neuen Gesetze führten zur „echten Gefahr einer eklatanten Rechtsverweigerung“. Ein faires Gerichtsverfahren sei nicht mehr gewährleistet.

Zur Begründung stützt sich der Mann auf ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Polen. Hierzu erklärte die EU-Kommission im Dezember, dass „in Polen die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit besteht“. Dies zeigt nach Ansicht des Klägers, dass Polen den „Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens“ untergraben habe, der den Auslieferungen auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls zugrunde liegt.

Strenge Auslegung

Der mit dem Streit befasste irische High Court geht davon aus, dass die Verhältnisse in Polen mit dem Grundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren grundsätzlich nicht mehr vereinbar sind. Er wollte vom EuGH wissen, ob dies auch konkret für das Verfahren des auszuliefernden Straftäters gelten müsse und ob Polen dem gegebenenfalls mit Garantien für ein faires Verfahren entgegentreten könne. Dies bejahte der EuGH nun. Gegenseitige Anerkennung und Vertrauen seien eine wichtige Grundlage für die Zusammenarbeit in der EU. Ausnahmen seien daher eng auszulegen.

Gleichzeitig betonte das EuGH allerdings, dass „die Wahrung der Unabhängigkeit der Justizbehörden von größter Wichtigkeit ist, um einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz für den Einzelnen sicherzustellen“. Daher sei es richtig, dass die irischen Gerichte prüften, ob dies in Polen noch gewährleistet sei. Dabei könnten sie sich auch auf die Positionen der EU-Kommission stützen.

Für eine Verweigerung der Vollstreckung des Haftbefehls reiche ein Verweis auf die allgemeine Lage aber nicht aus, urteilte der EuGH. Vielmehr müsse Irland in einem zweiten Schritt prüfen, ob sich dies auch auf den konkreten Fall und die konkret zuständigen Gerichte auswirke. AFP

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