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Deutschland zahlt Schadenersatz: Europarichter stärken Rechte von Straftätern

Im Streit über eine nachträglich verlängerte Sicherungsverwahrung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) einem Häftling recht gegeben und die Bundesrepublik Deutschland zu Schadenersatz verurteilt.

Der mehrfach vorbestrafte Gewaltverbrecher soll 50.000 Euro erhalten, urteilte der Gerichtshof. Die Bundesregierung will gegen das Urteil Beschwerde einlegen. Der 52-Jährige wird seit 18 Jahren im hessischen Schwalmstadt in Sicherungsverwahrung gehalten, weil er immer noch als gefährlich gilt. Die Sicherungsverwahrung verstoße gegen den Grundsatz „keine Strafe ohne Gesetz“, da zum Zeitpunkt der Verurteilung 1986 die Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre begrenzt war, befand der EGMR. Diese zeitliche Begrenzung der Sicherungsverwahrung wurde in Deutschland erst 1998 aufgehoben. Ursprünglich wurde der Mann zunächst wegen versuchten Mordes und Raubes zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Das Bundesjustizministerium will erst nach einer endgültigen Entscheidung der Großen Kammer über juristische Folgen entscheiden. „Eine zentrale Rolle wird dabei die Frage spielen, wie auf rechtsstaatlicher Grundlage der notwendige Schutz der Bevölkerung vor notorisch gefährlichen Straftätern sichergestellt werden kann“, hieß es in einer Mitteilung des Justizministeriums. In Deutschland sind nach Angaben des Gerichtshofes etwa 70 Häftlinge in einer ähnlichen Situation. Insgesamt gibt es etwas mehr als 500 Menschen in Sicherungsverwahrung.

Für den Kriminologen Thomas Feltes von der Ruhr-Universität in Bochum ist das Urteil „eine schallende Ohrfeige für die Politik, aber auch für das Bundesverfassungsgericht“. Das Gericht in Karlsruhe hatte die deutsche Regelung vor einiger Zeit bestätigt.

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