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Politik: Existenzfragen

Die CDU im Süden will nicht mehr länger warten. Vom Dresdner Parteitag Anfang Dezember "müsste ein deutliches Signal ausgehen", fordert Willi Stächele.

Die CDU im Süden will nicht mehr länger warten. Vom Dresdner Parteitag Anfang Dezember "müsste ein deutliches Signal ausgehen", fordert Willi Stächele. Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister sagte dem Tagesspiegel, es wäre schon sinnvoll, "Klarheit über den Geschäftsgang zu schaffen", selbst wenn sich die CDU in Dresden noch nicht endgültig auf einen Kanzlerkandidaten einigen könne.

Die "Stuttgarter Zeitung" hatte zuvor darüber berichtet, dass das CDU-Präsidium mehrheitlich gegen die Parteichefin Angela Merkel als Kanzlerkandidatin sei. Dagegen könnten ihr Vorgänger Wolfgang Schäuble oder CSU-Chef Edmund Stoiber "mit der Autorität beider Parteien ins Rennen gehen", heißt es weiter. Der CDU-Landesvorsitzende Erwin Teufel sei aufgefordert worden, mit Angela Merkel zu sprechen und sie zumindest davon zu überzeugen, die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur vorzuziehen.

Jürgen Rüttgers, Landesvorsitzender der CDU in Nordrhein-Westfalen, sagte am Rande des Parteitags in Hagen, er gehe davon aus, dass die baden-württembergische CDU-Spitze den Bericht dementieren werde. Allerdings sagte der Stuttgarter Generalsekretär Volker Kauder, er gebe grundsätzlich keine Kommentare zu nicht-öffentlichen Sitzungen ab. Er dementierte aber auch nicht. Auch Willi Stächele wies den Bericht gegenüber dem Tagesspiegel nicht zurück.

Angela Merkel reagierte sofort. In ihrer Rede vor dem Parteitag der CDU in Nordrhein-Westfalen in Hagen kritisierte die Parteivorsitzende die Südwest-CDU scharf. "Wir sind am Scheideweg", sagte Merkel, die darüber hinaus auch die Schwesterpartei CSU rügte. "Es kann nicht sein, dass immer, wenn wir wieder halbwegs auf den Beinen sind, ein kleiner Hieb von hinten aus den bayerischen Bergen kommt", sagte sie. Merkel bezog sich dabei explizit auf CSU-Landesgruppenchef Michael Glos, der Mitte der Woche den ehemaligen CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble als weiteren Kanzlerkandidaten ins Gespäch gebracht hatte. Es gehe längst nicht mehr nur um eine Personaldiskussion, stellte Merkel fest. "Für mich geht es um die Frage der Existenz der Union als mehrheitsfähige, bündnisfähige Partei dieser Bundesrepublik Deutschland."

Bereits zuvor hatte Merkel die Union beim Parteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern gemahnt, Geschlossenheit zu zeigen. "Einige in der Bundespartei" hätten "immer noch nicht verstanden", dass dieser Weg "völlig alternativlos" sei, um politischen Erfolg zu haben, sagte sie in Sparow. Merkel: "Wenn wir das nicht schaffen, werden die Sozialdemokraten über uns lachen, und wir werden keine Chance haben." Der neugewählte CDU-Landeschef Eckhardt Rehberg sagte, "wer meint, Angela Merkel schaden zu müssen, schadet CDU und CSU gleichermaßen". Die Debatte sei eine "Demontage von Angela Merkel ohne Ende".

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer wies am Rande des Parteitags in Hagen darauf hin, dass die baden-württembergische Forderung, die Kandidatenentscheidung vorzuziehen, bereits hinfällig sei, weil sich das Bundes-Präsidium entschieden habe, beim verabredeten Zeitplan zu bleiben. Allerdings sagte Meyer in Bezug auf die Bedenken gegen Merkel als Kanzlerkandidatin: "Dass es in der CDU unterschiedliche Meinungen zu Personen und Zeitplan gibt, ist hinlänglich bekannt." Der Chef der NRW-CDU, Jürgen Rüttgers, versuchte den Eindruck zu zerstreuen: "Hier im Westen gibt es viel Unterstützung für Merkel." Rüttgers weiter: "Wer Kanzlerkandidat wird, ist keine Frage der politischen Schönheit, sondern zuerst einmal eine Frage des politischen Programms."

Unterstützung gab es am Samstag aber auch weiterhin für Wolfgang Schäuble. Er selbst sagte "Bild am Sonntag", er sei unglücklich über diese neue Diskussion: "Warum sollte ich mich zu einer Debatte äußern, die ich für falsch halte? Ich habe nichts dazu beigetragen - ich werde das auch weiterhin nicht tun." Dagegen begrüßte der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, dass Schäuble wieder für höchste Ämter ins Gespräch gebracht werde. Willi Stächele lobte Schäuble als "einen der brillantesten Köpfe der Union".

Der Nachfolger

Der Schweriner Landtagsfraktionschef Eckhardt Rehberg soll als Spitzenkandidat der CDU die SPD/PDS-Koalition in Mecklenburg-Vorpommern herausfordern. Auf dem Landesparteitag in Sparow bei Waren wurde Rehberg symbolisch von den Delegierten für diese Position nominiert und zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Er erhielt 154 von 172 abgegebenen Stimmen. Die Wahl auf den Listenplatz Eins wird erst im kommenden Frühjahr stattfinden. Der 47 Jahre alte CDU-Politiker folgt auf Steffie Schnoor, die erst im Mai 2000 Landesvorsitzende geworden war und nicht wieder antrat. Rehberg warf dem Schweriner Regierungschef Harald Ringstorff "kompletten Realitätsverlust" vor. Als Wahlziel steckte sich Rehberg, die CDU wieder zur stärksten Kraft im Landtag zu machen. Erst nach der Landtagswahl im September 2002 sei es Zeit, über Koalitionen zu reden, so Rehberg. Indirekt machte er allerdings einer SPD ohne Ringstorff Angebote. "Nicht die SPD ist das Problem, Ringstorff ist das Problem", so Rehberg. In der SPD gebe es "vernünftige Kräfte", die von Ringstorff "kaltgestellt" worden seien. Auf diese müsse die CDU zugehen. Rehberg führt die CDU-Landtagsfraktion seit 1990. Als Angela Merkel Bundesvorsitzende wurde, lehnte es Rehberg ab, von ihr den Landesvorsitz zu übernehmen. Damals hoffte er noch auf einen hauptamtlichen Manager-Job beim Fussballbundesligisten FC Hansa Rostock, dessen Präsident er von 1997 bis Mitte 2001 war. Rehberg trat 1984 der Ost-CDU bei, um nach eigenen Angaben vor den Anwerbe-Versuchen der SED Ruhe zu haben. fro

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