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„Sylt oben links nicht rechts“ steht auf einem Plakat, dass eine Frau bei einer Mahnwache am Sonntag auf Sylt in der Hand hält. Im Strönwai in Kampen, wo sich auch der Pony-Club befindet, hatten sich laut Polizei rund 80 Menschen anlässlich des um Rassismus-Eklats um ein Partyvideo auf Sylt versammelt und wollen ein Zeichen gegen Rassismus setzen.

© dpa/Lea Sarah Albert

Experte zu Nazi-Parolen auf Sylt: „Es sind die Mittel- und Oberschichten, die nach Studienlage den Rechtspopulismus tragen“

Ungeniert grölten Feiernde bei einer Party auf der bei reichen Menschen beliebten Insel Sylt Nazi-Parolen. Der Experte Andreas Zick sagt klar: Rechtsextremismus ist kein Arme-Leute-Phänomen.

Die rassistischen Gesänge auf einer Party auf Sylt zeigt nach Einschätzung des Konfliktforschers Andreas Zick einmal mehr, dass Rechtsextremismus „kein Arme-Leute-Extremismus“ ist. „Es sind die Mittel- und Oberschichten, die nach Studienlage den Rechtspopulismus tragen“, sagte der Experte dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Es sind ökonomisch nicht bedrohte Menschen, die für die Propaganda, die Verbreitung von Verschwörungsmythen sorgen und den Rechtsextremismus organisieren wie stärken.“ Zick ist Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld.

Daten der jüngsten Mitte-Studie zu rechtsextremen Einstellungen in der Gesellschaft aus dem Frühjahr 2023 zeigten, „dass sich Menschen, die sich selbst einer unteren, mittleren oder höheren Schicht zuordnen und ein rechtsextremes Weltbild haben, kaum unterscheiden“, erläuterte Zick. Sechs Prozent der Menschen, die sich zur Oberschicht zählen, teilten rassistische, sozialdarwinistische Einstellungen, etwa „Wie in der Natur wird sich in der Gesellschaft der Stärkere durchsetzen“ oder „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen“. Unter jenen, die sich zur Mittelschicht zählen, seien es ebenfalls sechs Prozent und unter denen, die sich in der unteren Schicht sehen, lediglich vier Prozent.

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Im Blick auf rechtsextreme und menschenfeindliche Einstellungen zeigt sich nach Zicks Worten immer wieder, „dass sogenannte neoliberale soziale Orientierungen, die Vermögende prägen, und die Behauptung, ihnen stünde mehr zu, die Demokratiedistanz der Abgesicherten prägt“. In den radikalen Parteien seien zudem viele Vermögende in den Spitzenpositionen.

Stark verbreitet ist laut Zick ein neuer „erlebnis- und unterhaltungsorientierter Rassismus und Rechtsextremismus“, den soziale Medien salonfähig gemacht hätten. Rassismus und der eigene Extremismus würden inszeniert, karikiert, verharmlost und gerechtfertigt: „Es hat der Sylter rassistisch und nationalistisch gestimmten Partygesellschaft so viel Spaß gemacht, dass die Selbstinszenierung geteilt wurde, um Aufmerksamkeit und Likes zu bekommen.“

Auf der Party waren rassistische Texte zur Melodie des Hits „L amour toujours“ von Gigi D'Agostino gegrölt worden, der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen. „Wir sehen nur die Spitze des Eisbergs solch radikaler Gemeinschaft der Bessergestellten“, sagte Zick. „Der Bezug zu anderen, die den Schlager schon für extremistische Inszenierungen verwendet haben, ist da, der Spruch 'Deutschland den Deutschen, Ausländer raus' ist ein Klassiker unter Rechtsradikalen und soll in der Tradition stehen, und der gezeigte Hitlerbart zeigt, wie ungeniert die Inszenierung erfolgt.“

Zick warnte: „Die Rechtsextreme ist nach dem Weltkrieg noch nie so gut national und global organisiert gewesen und sie wittert die Chancen der Krisen und nutzt sie, indem sie Menschen Ohnmacht einredet.“ (epd)

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