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Die Automobilindustrie steht wegen der Dieselabgase unter Druck.

© nikkytok - stock.adobe.com

Fahrverbote vor Gericht: Dieseldämmerung

Die Diskussionen um Fahrverbote und den Betrugsskandal setzen die Autoindustrie unter Druck. Der Wert von Dieselfahrzeugen sinkt kontinuierlich, sogar ihre Zukunft steht in Frage.

Mögliche Hardware-Umrüstungen

Die Autoindustrie hat sich auf dem ersten Diesel-Gipfel im vergangenen Jahr bereit erklärt, ältere Diesel-Autos auf eigene Kosten per Software-Update sauberer zu machen. Umstritten ist seither, ob auch ein technisch aufwendigerer und kostspieligerer Umbau der Motoren kommen soll. Die Hersteller halten den Aufwand für zu groß und argumentieren, das Problem erledige sich in einigen Jahren von selbst, wenn alte Diesel aus dem Verkehr verschwinden. Die nächste Bundesregierung will im Laufe des Jahres entscheiden, ob eine Hardware-Nachrüstung älterer Pkw verpflichtend wird. Der ADAC hat in dieser Woche mit eigenen Test gezeigt, dass der Umbau funktioniert, bezahlbar ist und die Schadstoffemissionen deutlich reduziert. Der Preis dafür soll bei rund 1400 bis 3300 Euro pro Fahrzeug liegen. Das bezweifeln die Autohersteller, sie gehen von höheren Kosten aus. Bei vier ADAC-Testfahrzeugen, die mit einem sogenannten SCR-System zur Reduktion von Stickoxiden in Abgasen ausgestattet wurden, lag der Schadstoffausstoß anschließend innerorts um bis zu 70, außerorts sogar um bis zu 88 Prozent niedriger. Zum Vergleich: Das Software-Update, das die Autohersteller als Alternative anbieten wollen, soll eine Reduzierung von etwa 25 bis 30 Prozent bringen.

Anzahl der betroffenen Dieselautos

Etwa 15 Millionen der 45 Millionen Pkw in Deutschland haben einen Dieselmotor. Davon 5,9 Millionen mit einem Euro-5- Motor und 6,4 Millionen mit Euro 4 oder niedriger. Der Rest – etwa 2,7 Millionen Fahrzeuge – genügt der Euro-6-Abgasnorm. Problematisch für die Umwelt und die NOx-Belastung sind somit gut zwölf Millionen Diesel, die nicht die Euro-6- Norm erfüllen. Hardware-Nachrüstungen sind nach Expertenmeinung nur bei Euro-5 und Euro-6-Wagen möglich. Erst die modernsten Diesel haben einen SCR-Katalysator, der die Abgase über die Einspritzung von Harnstoff („Adblue“) reinigt. Und: Nur eine Handvoll aus der jüngsten Fahrzeug-Generation ist nach Euro 6d zertifiziert. Das heißt, diese Diesel halten die Abgas-Grenzwerte nicht nur im Labor, sondern auch bei kontrollierten Straßenfahrten ein.

Weiterer Wertverlust
Die Fahrzeugwerte der Dieselautos sind bis zuletzt kontinuierlich gesunken. Nach Angaben des Datendienstleisters DAT war ein dreijähriger Gebrauchtwagen mit Diesel-Motor zuletzt noch 52,6 Prozent vom ehemaligen Listenneupreis wert, zwölf Monate vorher waren es immerhin noch 56 Prozent. Die Restwerte von Benzinern stiegen hingegen weiter. Diesel-Gebrauchtwagen stehen auch deutlich länger auf dem Hof eines Autohändlers (102 Tage) als Benziner (89).

Sinkende Verkaufschancen

Der ökologische Verkehrsclub VCD rät vom Diesel ab, selbst von den jüngsten Modellen mit Euro 6d-Norm. Die Begründung: Solange es keine bundesweit gültige Blaue Plakette gebe, könnten Fahrverbote für alle Diesel gelten, auch für die modernsten. Eine radikale Position. Allen Autofahrern, die jetzt ein neues Auto kaufen wollen, empfiehlt der VCD „einen gebrauchten Benziner, ein Erdgasauto oder einen Benzinhybriden“. Diese seien bereits ab der Abgasnorm Euro 3 sauber. Der Diesel ist nach wie vor ein Auto für Vielfahrer und längere Strecken. Wer laut ADAC pro Jahr nur 10 000 Kilometer oder weniger und überwiegend in der Stadt fährt, brauche kein Dieselfahrzeug. Allen anderen Autokäufern empfiehlt der Autoclub den Kauf eines Euro- 6d-Fahrzeugs.

Schlechte Zukunftsprognosen

Im vergangenen Jahr sanken – trotz Diesel-Abwrackprämie – die Neuzulassungen um 13,2 Prozent. Im Januar ging es um 18 Prozent weiter abwärts. Der Dieselanteil am Neuwagengeschäft lag zuletzt bei nur noch einem Drittel, vor wenigen Jahren waren es deutlich mehr als 40 Prozent. Marktbeobachter wie die Beratungsfirma EY rechnen mit einem weiteren Abwärtstrend. „Im Kleinwagen- und Kompaktsegment ist der Dieselantrieb längst auf dem Rückzug“, sagt EY-Experte Peter Fuß. Neue saubere Dieselmotoren hätten in erster Linie in der Oberklasse und bei SUV-Geländewagen weiter eine Chance, „zumindest als Übergangstechnologie“.

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