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Fall Kurras: Die Grenzen der Buße

Nicht nur die Gewerkschaft der Polizei, auch Politiker und Stasi-Opferverbände verlangen nun, der Ohnsorg-Todessschütze Karl-Heinz Kurras dürfe wegen seiner Stasi-Mitarbeit im Westberliner Polizeidienst nicht ungeschoren davonkommen.

Berlin - Nicht nur die Gewerkschaft der Polizei, auch Politiker und Stasi-Opfer- Verbände verlangen nun, der Ohnesorg-Todesschütze Karl-Heinz Kurras dürfe wegen seiner Stasi-Mitarbeit im Westberliner Polizeidienst nicht ungeschoren davonkommen. Das für die Pensionsangelegenheiten zuständige Berliner Landesverwaltungsamt solle erkunden, was es an nachweisbaren Vorgängen zu Kurras bei der Stasiunterlagenbehörde gebe, sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Gegebenenfalls sollen „beamtenrechtliche Konsequenzen“ gegen den Kriminalobermeister im Ruhestand geprüft werden. Körting deutete aber auch an, dass es Schwierigkeiten geben werde: Es sei zu prüfen, welche Maßnahmen im Jahr 2009 noch Bestand haben könnten.

Nun hat sich das Berliner Landesverwaltungsamt zu überlegen, ob und wie Kurras belangt werden kann. Es ist für die Beamten im Ruhestand zuständig. Das Landesdisziplinargesetz sieht verschiedene Sanktionen vor, etwa einen Verweis, eine Geldbuße, die Entlassung, Degradierung oder die Kürzung sowie die komplette Streichung der Pension. Stehen Straftatbestände im Raum, wie bei Kurras die Agententätigkeit, orientiert man sich nach Auskunft der Berliner Innenverwaltung an den dafür vorgesehenen Verjährungsfristen. „Zuerst muss aber der Tatvorwurf geklärt werden“, sagte eine Sprecherin. Strafrechtlich wären die Stasi-Tätigkeiten verjährt. So spricht viel dafür, dass die Ermittlungen eingestellt werden und Kurras seine Pension in voller Höhe behalten darf.

Auch ob der frühere Stasi-Spitzel für seine Schüsse auf den Studenten Benno Ohnesorg noch einmal vor Gericht erscheinen muss, ist fraglich. Grundsätzlich ist mit dem rechtskräftigen Freispruch in dieser Sache die Strafklage verbraucht, aus Gründen der Rechtssicherheit darf niemand zweimal wegen desselben Tatvorwurfs angeklagt werden. Eine Wiederaufnahme zu Ungunsten eines Freigesprochenen ist selten und nur im Ausnahmefall zulässig. Dazu zählt etwa, wenn Beweismittel gefälscht waren oder jemand später die Tat gesteht.

So bleibt wohl nur weitere Stasi-Aufarbeitung: „Es ist alles zu begrüßen, was zur Aufklärung beiträgt“, sagte der Landesvize der Polizeigewerkschaft, Michael Purper. Dies müsse jedoch nicht nach einem Verfahren ablaufen, wie es nach der Wende für Volkspolizisten zur Übernahme in ein Beamtenverhältnis vorgesehen war. Jost Müller-Neuhof

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