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Wer wird denn nun der Nachfolger von dem Mann rechts? Generalsekretär Christian Lindner (links), Gesundheitsminister Philipp Rösler (Rückansicht), der verdeckte Unbekannte oder jemand ganz Anderes? Die FDP hält sich noch bedeckt.

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FDP-Vorsitz: Gesucht: der Dreizehnte

Zwölf Parteichefs hatte die FDP in ihrer Geschichte, nun wird der dreizehnte gesucht. Dessen Erbe wird kein Leichtes sein: Von Heuss über Genscher bis Westerwelle - immer wieder ist die Partei von streitbaren und charismatischen Köpfen geführt worden.

Die FDP braucht einen neuen Vorsitzenden. Zwölf waren es bisher. Von einer Frau ist die Partei noch nie geführt worden, es wäre also mal was Neues. Immerhin hat die Partei schon drei Generalsekretärinnen gehabt. Ansonsten ist die Führungsahnengalerie der Freien Demokratischen Partei aber von Männern bestimmt.

Am Anfang steht Theodor Heuss. Er übernahm 1948 den Vorsitz einer Partei, die als Sammelbecken der beiden liberalen Strömungen gegründet wurde, die es seit dem Entstehen der Parteien im 19. Jahrhundert gab: einer eher rechten, die auf die Nationalliberale Partei zurückging (und Gustav Stresemanns Deutsche Volkspartei in der Weimarer Republik), und einer tendenziell nach links orientierten, die mal Fortschritt hieß und mal Freisinn, in der süddeutschen Demokratischen Volkspartei eine gewichtige Stimme besaß und zu Weimarer Zeiten in der Deutschen Demokratischen Partei ihr Forum hatte. Diese Strömungen kamen in der FDP zusammen, ohne anfangs sehr zu harmonieren. Die Landesverbände in den preußischen Nachfolgestaaten, vor allem Nordrhein-Westfalen, positionierten sich rechts, im Süden blieb die FDP stärker in der alten Volksparteitradition. Das Schillern zwischen ziemlich rechts und gemäßigt links hat die FDP ihr Leben lang begleitet.

Heuss gab den Vorsitz schon 1949 wieder ab, weil er Bundespräsident wurde. Die folgenden 20 Jahre erlebte die FDP heftige Richtungskämpfe in den Landesverbänden, die Bundesführung der Partei war lange relativ schwach. Franz Blücher, Parteichef bis 1954, blieb als Vermittler zwischen den Flügeln blass. Er verließ die FDP später, weil sein NRW-Landesverband eine Koalition mit der SPD einging, angeführt von einer Jungpolitikertruppe (die „Jungtürken“ genannt), zu der auch Walter Scheel gehörte. Es war ein Linksschwenk – und auch wieder nicht: Die SPD war damals so stramm national eingestellt wie Teile der FDP, man fand gegen Konrad Adenauers Westkurs zusammen.

Blüchers Nachfolger wurde Thomas Dehler, der streitbare erste Justizminister der Bundesrepublik und der Mann, mit dem sich bis heute der Anspruch der FDP verbindet, Bürgerrechtspartei zu sein. Dehler gehörte zur Gruppe der „entschiedenen Liberalen“, welche die FDP als unabhängige Partei der Mitte positionieren wollte. Diesen Kurs verfolgte auch Dehlers Nachfolger Reinhold Maier, ehemaliger Ministerpräsident von Baden-Württemberg (in einer Koalition mit der SPD) und süddeutsch-volksparteiliches Urgestein. Maier führte die FDP Ende der 50er Jahre zu einer Zeit, als sie in der Opposition war, weil Adenauers CDU die absolute Mehrheit im Bundestag besaß.

Unter Erich Mende, einem stolzen Ritterkreuzträger, fand sich die FDP 1961 in der Bundesregierung wieder, aber auch weiter rechts. Aus Mendes Zeit rührt der Ruf der FDP als Umfallerpartei her, weil er im Wahlkampf erklärt hatte, Adenauer nicht mehr zum Kanzler zu wählen, was die FDP dann aber tat. Mende, der schillerndste aller FDP-Chefs, trat später zur CDU über – aus Protest gegen die Ostpolitik seines Nachfolgers im Vorsitz, des „Jungtürken“ Scheel, der die FDP von 1968 bis 1974 führte und auch auf Bundesebene an die Seite der SPD steuerte. Mit ihm begann die Tradition, dass die FDP das Außenministerium beansprucht, wenn sie in eine Bundesregierung eintritt – obwohl es im Gegensatz zu innenpolitischen Ressorts der Profilierung wenig dient, wenn ein Kanzler die Außenpolitik selbst bestimmt, was die Regel ist.

Als Parteichef öffnete Scheel die FDP nach links, die dezidiert linksliberalen Freiburger Thesen von 1971 dienten als programmatische Unterfütterung der sozialliberalen Koalition. Sie verschwanden aber, nachdem Scheels seit 1974 amtierender Nachfolger Hans-Dietrich Genscher die FDP 1981 wieder in eine Koalition mit der Union lenkte, auch deshalb, weil der stets starke wirtschaftsliberale Flügel das verlangte. Ein Teil des linksliberalen Flügels ging damals verloren. Genschers Schwenk ermöglichte es mit der Zeit auch den Grünen, sich als Hüter eines Bürgerrechtsliberalismus aufzustellen.

Zwar trat Genscher nach elf Jahren vom FDP-Vorsitz zurück, doch gilt er manchen bis heute als heimlicher Parteichef. Martin Bangemanns Zeit an der Spitze (1985 bis 1988) blieb Episode, Otto Graf Lambsdorffs Parteivorsitz zwischen 1988 und 1993 bedeutete eine stärkere Ausrichtung als Wirtschaftspartei, eine Reaktion auch darauf, dass unter Genschers Ägide die programmatische Aufstellung der FDP etwas nebulös geworden war. „Marketing statt Inhalt“ nannte der den Liberalen eigentlich recht nahe stehende Kurt Biedenkopf das einmal, und in der Tat konnte man bis weit in die 90er Jahre den Eindruck haben, „Genschman“ in seinem gelben Pullunder sei quasi das Programm der FDP. Das änderte sich nach 1993 auch unter Klaus Kinkel kaum, dem ehemaligen Büroleiter Genschers.

Nach einer Serie von Wahlniederlagen in den Ländern übernahm 1995 der Hesse Wolfgang Gerhardt den Parteivorsitz und versuchte, die FDP wieder stärker zur Programmpartei zu machen. Daran beteiligt war zunächst auch der Generalsekretär Guido Westerwelle, den Gerhardt von Kinkel geerbt hatte. Als Parteichef ab 2001 setzte Westerwelle aber wieder stärker auf Marketing: Projekt 18, Guidomobil, FDP-Kanzlerkandidatur. Die FDP geriet in den Ruf, Spaßpartei zu sein. Doch stieg die Zustimmung, nachdem die FDP 1998 bei der Bundestagswahl nur 6,2 Prozent geholt hatte. Mit dem Ruf nach Steuersenkungen gelang es Westerwelle 2009 sogar, das beste Bundestagswahlergebnis der FDP einzufahren: 14,6 Prozent. Anderthalb Jahre und einige Niederlagen in den Ländern später steht er nun vor dem Ende seiner Amtszeit als FDP-Chef.

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