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3 auf 1

© imago/HMB-Media

Fünf-Prozent-Hürde: Stabilere Verhältnisse oder Schaden für kleine Parteien?

Mit der Abschaffung der Drei-Mandats-Klausel im Wahlgesetz der Ampel-Koalition stellt sich die Frage neu, ob die Fünf-Prozent-Hürde gerechtfertigt ist.

Bisher reichten drei Direktmandate in Wahlkreisen – und eine Partei kam auch in den Bundestag, wenn sie bei den Zweitstimmen unter fünf Prozent blieb. Das hat die Ampel-Koalition abgeschafft. Ein Nachteil für regional starke Parteien? Muss nun über die allgemeine Sperrklausel neu nachgedacht werden? Die Debatte darüber wird noch Fahrt aufnehmen. Hier drei Meinungen – auch zu möglichen Alternativen.

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Viele Wählerstimmen bleiben unberücksichtigt

Die Sperrklausel gefährdet die Integrationsfunktion der Wahl. Mit der Wahl soll sichergestellt werden, dass möglichst die Breite der vertretenen Meinungen im Parlament abgebildet wird. Scheitert eine Partei an der Sperrklausel, bekommt diese nicht nur keine Mandate, sondern es profitieren bei der Mandatsverteilung die Parteien, die die Sperrklausel überwunden haben. Bei der Bundestagswahl 2021 blieben auf diese Weise die Stimmen von 8,7 Prozent der Wählenden unberücksichtigt.

Scheitern CSU und Linke an der Sperrklausel, steigt der Wert auf 15 Prozent, und sollte dieses Schicksal auch die FDP ereilen, werden bis zu 20 Prozent der abgegebenen Stimmen nicht berücksichtigt. Das schadet der Demokratie. Die Sperrklausel kann nach dem Wegfall der Grundmandatsklausel (Einzug einer Partei bei drei Direktmandaten) nicht bestehen bleiben.

Hinzu kommt: Die Sperrklausel wurde vom Parlamentarischen Rat explizit abgelehnt. Im Grundgesetz und in der Geschäftsordnung des Bundestages finden sich ausreichend Vorkehrungen gegen handlungsunfähige Parlamente. Auch der historische Verweis auf die Weimarer Republik geht fehl. Es ist mittlerweile nachweisbar, dass die Weimarer Republik mit der Sperrklausel noch instabiler geworden wäre.


Eine einfache Lösung, wenn die Sperrklausel bleibt

Wenn man die Sperrklausel dafür schätzt, dass sie stabile politische Verhältnisse schafft – muss man dann auch ihre unschönen Nebenwirkungen in Kauf nehmen? Sie zwingt ja viele Wähler:innen, entweder ihre Stimme zu „verschenken“ oder opportunistisch eine andere Partei zu wählen.

Auch benachteiligt sie kleine und neue Parteien und verhindert mitunter, dass das politische Lager mit den meisten Stimmen die Regierung stellen darf.

Dabei gäbe es eine einfache Lösung: Man könnte den Wähler:innen eine „Ersatzstimme“ an die Hand geben, die immer dann wirksam wird, wenn die Partei ihrer ersten Wahl an der Sperrklausel scheitert. Dann würden Stimmen nicht mehr verloren gehen müssen, weder aus Sicht der Wählenden noch aus Sicht der großen Parteien, die die andernfalls entwerteten Stimmen am Ende für sich einsammeln könnten.

Dazu müssten sie aber deutlich mehr als bisher die Anliegen der Kleinparteien und deren Anhängerschaft aufgreifen, was wiederum den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken würde.


Der Blick zurück zeigt Möglichkeiten auf

CSU und Linke sehen in der Abschaffung der Grundmandatsklausel im Ampel-Wahlgesetz einen Todesstoß für regional starke Parteien. Drei Direktmandate genügen dann nicht mehr dafür, dass eine Partei auch bei weniger als fünf Prozent Stimmenanteil in den Bundestag einzieht. Kann der Blick zurück zu einer Lösung führen?

Als vor 70 Jahren die bundesweite Fünfprozenthürde eingeführt wurde, war das Wahlrecht schon ein paar Jahre alt. Bei der ersten Bundestagswahl 1949 gab es zwar die Sperrklausel auch schon. Aber sie wurde nicht bundesweit, sondern auf der Landesebene angewendet. Daher waren auch die Bayernpartei, die in Niedersachsen starke Deutsche Partei sowie die vor allem in NRW verankerte katholische Zentrumspartei vertreten. Echte Regionalparteien hatten somit eine Chance.

Sitze wurden zwar nur für die Länder vergeben, in denen solche Parteien bei mehr als fünf Prozent landeten. Aber man kann auch eine bundesweite Repräsentation daran knüpfen. Warum also nicht eine Sperrklausel, die auf Landesebene greift? Die könnte auch bei mehr als fünf Prozent liegen. In Bayern etwa galt bis 1973 eine Zehnprozenthürde auf Bezirksebene. 

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