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Prestigeangelegenheit für Lukaschenko. Die Eishockey-WM soll vom 9. bis 25. Mai in Weißrussland ausgetragen werden.

© dpa

Eishockey-WM im Mai: Gastgeber Weißrussland hält Boykott für "dumme Idee"

Nach Olympia und den Paralympics in Sotschi wartet schon die nächste Debatte über ein sportliches Großereignis - und seinen dubiosen Gastgeber. Weißrussland weist einen möglichen Boykott der Eishockey-WM als "dumme Idee" zurück.

Von Matthias Meisner

Die Minsker Regierung ist auf Missstimmung gefasst, wenn im Mai die Eishockey-Weltmeisterschaft in Weißrussland ausgetragen wird. Am Dienstag trat Weißrusslands Außenminister Wladimir Makej die Vorwärtsverteidigung an. In einem von der weißrussischen Nachrichtenagentur Belta verbreiteten Interview sagte Makej, sein Land habe "keine Angst vor einem Boykott" des Turniers. Er kritisierte eine "in Europa und Amerika herrschende Dämonisierung unserer Republik". Ein möglicher Boykott wäre "eine dumme Idee", denn "Sport und Politik sollten getrennt sein".

Makej behauptete, Ziel der WM sei "nicht das positive Image für Präsident Lukaschenko". Experten sehen das anders: Eishockey ist in Weißrussland wichtiger als Fußball, und der Präsident zeigt sich immer wieder selbst als Eishockey-Spieler, zuletzt unter anderem bei einem Showspiel in Sotschi gemeinsam mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. In seinem Land hat er Dutzende Eissporthallen bauen lassen.

Makej erklärte, Weißrussland werde es nicht als Boykott interpretieren, sollten einzelne Länder die Einladung nach Minsk absagen. Jeder solle selbst entscheiden. Er versprach den Gästen in seinem Land "ein Höchstmaß an Komfort" und gab damit an, dass für die VIP-Lounge in der Minsk-Arena die meisten Plätze bereits ausgebucht seien. "Einige hochgestellte Personen" hätten bereits fest zugesagt, betonte der Außenminister, allerdings nannte er keine Namen. Die sportliche Bedeutung der Weltmeisterschaft in Weißrussland ist allerdings vergleichsweise gering - im Olympia-Jahr schicken die meisten Länder ohnehin nicht ihre Topspieler.

Der Bundestag hatte vor zwei Jahren auf Antrag von SPD und Grünen über eine mögliche Verlegung des Sport-Events diskutiert. Die Osteuropa-Expertin der Grünen, Marieluise Beck, sagte damals, die Lage in Weißrussland sei "wesentlich dramatischer als in der Ukraine". Der Versuch, mit einer frühzeitigen Forderung an die Sportverbände eine Verlegung der Eishockey-WM zu erzwingen, schlug fehl. Im Bundestag gab es keine Mehrheit für den Antrag der Oppositionsfraktionen.

Am Dienstag kommentierte die Grünen-Politikerin die Diskussion um Sportveranstaltungen in Diktaturen so: "Es ist Zeit, aus Sotschi zu lernen. Politik und Sport lassen sich nicht trennen. Die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine belegen, dass die politischen Verhältnisse sehr wohl bei der Vergabe der Austragungsorte eine Rolle spielen.". Beck sagte weiter, es könne nicht um einen Boykott der Eishockey-WM in Belarus gehen. "Gemeinsam mit Menschenrechtlern haben wir immer auf eine Verlegung der WM gedrungen. Die Sportler sollen ihre Spiele haben und nicht für die falschen Entscheidungen der Sportverbände bestraft werden."

Weißrussland steht seit Jahren in der Kritik - unter anderem wegen der Niederschlagung von Protesten nach den umstrittenen Wahlen 2010 und der Inhaftierung von zahlreichen Oppositionspolitikern. Der Schweizer René Fasel, seit 1994 Präsident des Eishockey-Weltverbandes, IIHF, hatte sich gegen Forderungen nach einer Verlegung der Weltmeisterschaft oder nach einem Boykott regelmäßig mit dem Argument zur Wehr gesetzt, Sport müsse autonom und unpolitisch bleiben.

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