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Russischer Abzug

© dpa

Georgien: Russen ziehen sich im Schneckentempo zurück

Zwei Wochen nach Ausbruch des Konflikts zwischen Russland und Georgien scheint Russland nun seine Zusage einzulösen und die Truppen aus der Kaukasus-Republik abzuziehen. Der Abzug allerdings geht langsam vonstatten - zu langsam für die USA. Russland will rund 500 Soldaten in Georgien stationiert lassen.

Russland macht nun offenbar Ernst mit dem angekündigten Truppenrückzug aus Georgien. Der Chef des georgischen Sicherheitsrats, Alexander Lomajaaus berichtete, dass die russische Armee am Freitag mit dem Abzug aus der strategisch wichtigen Stadt Gori begann. Russland will aber 500 russische Soldaten in einer Schutzzone um die abtrünnige Provinz Südossetien stationieren und weiter wichtige Straßen in Georgien kontrollieren. Die USA kritisierten den Abzug als zu langsam. Die Bundesregierung erklärte, die Pufferzone um Südossetien dürfe nur vorübergehend sein.

Die russischen Truppen würden die Region um Gori bis 22 Uhr Ortszeit verlassen, sagte ein russischer Armeesprecher. Nach Angaben eines Reporters bewegten sich mit hunderten Soldaten beladene russische Militärfahrzeuge aus der Stadt in Richtung Südossetien. Das nahe der Grenze zu Südossetien gelegene Gori war nach dem Beginn der georgischen Militäroffensive in der abtrünnigen Provinz von der russischen Armee bombardiert worden; russische Truppen rückten später in die Stadt ein.

Abchasien und Südossetien bitten Russland um Anerkennung

In der westlichen Ölstadt Poti zogen sich nach Angaben von Augenzeugen russische Soldaten aus besetzten Kasernen zurück. Die Armee ließ zudem nach Angaben des georgischen Innenministeriums erste gefangene georgische Soldaten frei. In der ukrainischen Hafenstadt Sewastopol begrüßten rund 400 jubelnde Menschen das erste russische Kriegsschiff, das aus dem Konflikt zurückkehrte.

Ungeachtet des Rückzugs behielt sich Moskau vor, die Zahl seiner Friedenssoldaten in Georgien "im Bedarfsfall" wieder zu erhöhen, wie der stellvertretende russische Generalstabschef Anatoli Nogowizyn vor Journalisten sagte. Die russische Armee werde auch weiter die Autobahn kontrollieren, die Tiflis mit der Hafenstadt Senaki am Schwarzen Meer verbindet. In der Sicherheitszone um Südossetien auf georgischem Gebiet errichtete das russische Militär acht Kontrollposten, auch rund um Abchasien wurden Posten installiert. Beide Regionen baten Russland offiziell ihre Unabhängigkeit anzuerkennen. Am Montag will der Föderationsrat in Moskau darüber beraten. Georgien sieht die abtrünnigen Provinzen weiter als sein Staatsgebiet und wertet die russische Truppenstationierung als Besetzung.

Bundesregierung fordert schnellen endgültigen Abzug

Die USA kritisierten den Abzug als zu langsam. Nach seinen Informationen bewegten sich die russischen Soldaten "im Schneckentempo", sagte der Oberbefehlshaber der US-Armee in Europa, John Craddock, in Tiflis. US-Präsident George W. Bush hatte Moskau zuvor aufgefordert, den "Belagerungszustand" Georgiens aufzuheben und seine Truppen gemäß der getroffenen Vereinbarungen aus georgischem Gebiet zurückzuziehen.

Die Bundesregierung bekräftigte ihre Forderung, dass eine Präsenz russischer Truppen auch im Grenzgebiet zu Südossetien nur vorläufig sein könne. "Wir legen Wert darauf, dass eine solche Regelung temporär ist. Es kann keine dauerhafte Besetzung von georgischem Kernterritorium geben", sagte Vizeregierungssprecher Thomas Steg am Freitag in Berlin. Steg bekräftigte auch die Forderung nach einem schnellen Abzug der russischen Truppen aus dem georgischen Kernterritorium.

Sicherheitsrat kann sich nicht auf Resolution einigen

Der UN-Sicherheitsrat rang weiter vergeblich um eine Resolution zum Kaukasus-Konflikt. Bei den Beratungen in New York stand ein Resolutionsentwurf mehrerer westlicher Staaten einem Vorschlag aus Russland gegenüber. Letzteren lehnten die USA ab. Der Entwurf basiert zwar auf dem von Frankreich vermittelten sechsstufigen Friedensplan, erwähnt aber nicht ausdrücklich die Souveränität Georgiens.

Als erster ranghoher UN-Vertreter reiste am Freitag Flüchtlingskommissar Antonio Guterres nach Südossetien. Im Krisengebiet benötigen nach Angaben des UNHCR mehr als 25.000 Menschen humanitäre Hilfe. Ab Montag sollen Militärbeobachter der OSZE den Waffenstillstand in der Region überwachen. (nis/AFP/dpa)

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