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Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Kanzlerin Angela Merkel mit dem Schröder-Biograf Gregor Schöllgen.

© AFP

Gerhard Schröder Biografie: Raute gegen Haifischlachen

Zwischen Angela Merkel und Gerhard Schröder kam es bei der Präsentation der Biografie des Altkanzlers nicht zum Duell. Im Gegenteil.

Vielleicht soll der rote Blazer von Angela Merkel eine kleine Provokation sein an die Adresse der SPD. Jene Partei, deren Vorsitzender Gerhard Schröder war. Frei nach dem Motto: Ich verstehe euren Kanzler besser als ihr selbst. Zumindest zollt Merkel ihrem Vorgänger an diesem Dienstag bei der Präsentation der Biografie "Gerhard Schröder - Die Biographie" von Gregor Schöllgen großen Respekt. Für die Agenda 2010, natürlich, das hat sie schon in ihrer ersten Regierungserklärung getan. Aber auch und vor allem für seine Haltung zur Macht. Biograf Schöllgen beschreibt Schröder als Machtmenschen, als einen, der seit jeher nach Macht strebt. "Was hat jemand in der Politik zu suchen, der keine Macht will? Nichts", zitiert Merkel Schröder aus dem Buch und fügt an: "Recht hat er." Schröder erklärte, das Machterhalt legitim sei, aber man müsse als Politiker auch in der Lage sein, seine Macht aufs Spiel zu setzen. Entscheidungen zu treffen, die das Amt kosten könnten. Was er durchaus vorgemacht hat.

Merkel hebt zudem Schröders Pragmatismus hervor, der ihr auch schon geholfen habe, als sie Mitte der 90er Jahre als Bundesumweltministerin ein Sommersmog-Gesetz umsetzen wollte. Schröder habe ihr da über den Bundesrat geholfen. Außerdem erzählt sie genüsslich einige Anekdoten, unter anderem die über Schröders Wehrtauglichkeit, die nicht sonderlich gut gewesen sein muss - wegen Krampfadern. Auch an die Amtsübergabe konnten beide sich noch gut erinnern. Schröder habe Merkel mitgeteilt, dass es keine Geheimakten gebe. Lediglich einen Tresor. "Aber in dem lagen nur die Uhren von Silvio Berlusconi", erzählte Schröder.

Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, dass Angela Merkel Schröder im Amt abgelöst hat. Die Elefantenrunde nach der Wahl 2005 ist mittlerweile zu einem TV-Klassiker geworden. Damals prophezeite Schröder Merkel, sie werde niemals eine Koalition unter ihrer Führung mit "seiner" SPD hinbekommen. Wenige Tage später trat genau das ein. Merkel selbst kam der Rumpel-Auftritt von Schröder entgegen: "Ich war ganz froh, dass andere einen größeren Drang hatten zu sprechen als ich." Schröder kann sich da das Lachen nicht verkneifen. Er zitiert seine Frau: "Der Auftritt war lustvoll und suboptimal zugleich." Er wolle ihn aber nicht missen.

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Schröder dankt Merkel für die Präsentation. "Das ist nicht selbstverständlich." Für ihn selbst ist das Buch vor allem wegen der beschrieben Familiengeschichte von "besonderem Wert". Er selbst habe darin vieles über seine Familie gelernt. "Es gab überraschende Ergebnisse, die ich nicht kannte und die mich berührt haben.“ Der Ex-Kanzler sieht bei allen unterschiedlichen Rahmenbedingungen eine Parallelität auf dem Weg zum Kanzleramt zwischen ihm und Merkel. Ihnen beiden sei der Weg nicht vorgezeichnet gewesen. "Ich würde mir wünschen, dass diese Offenheit auch heute noch besteht." Besonders für diejenigen, "die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen sind".

Merkels Auftritt sagt mehr über sie als über Schröder

Der Auftritt Merkels hat aber nicht nur etwas über Schröder ausgesagt, sondern auch etwas über sie selbst. Das Streben nach Macht charakterisiert beide. Das zeigt auch Merkels Einlassungen auf die Frage, wann sie zum ersten Mal gewusst habe, dass sie Kanzlerin werden wolle. "Das war zu Zeiten der Spendenaffäre als ich den CDU-Vorsitz übernommen habe. Denn wer CDU-Vorsitzender oder auch SPD-Vorsitzender wird, muss sich mit der Frage auseinandersetzen."

Kommentare zur aktuellen Politik wollte Schröder nicht abgeben. Nur so viel, ein kleiner Seitenhieb: "Die Flüchtlingsfrage ist eine der ganz großen Herausforderungen für die ganze Welt. Und entscheidend wird sein, wie schnell und mutig ein neues Einwanderungsgesetz kommen wird." Genau darüber streitet die Union derzeit.

Nach gut einer Stunde war Schluss. Und der rote Blazer war wohl weniger Provokation als mehr Reminiszenz. Denn Merkel und Schröder sind unterschiedlich in ihrem Naturell, haben unterschiedliche Lebenswege, aber der Sinn für den Pragmatismus und das Streben nach Macht ist beiden verinnerlicht. Merkel, die ihre Raute auf dem Foto noch demonstrativer als sonst zeigte, und Schröder, der sein Haifisch-Lachen öfter einstreute, lieferten sich kein Duell der Stichelei. Es war überraschend harmonisch, gerade so als seien Raute und Haifisch zwei gute Freunde. (Mitarbeit: Josefa Raschendorfer)

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