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Die Kundgebung mit dem Motto "Berlin lädt Europa ein" soll der Auftakt für die Anti-Corona-Demo.

© Christoph Soeder/dpa

Fragen des Tages: Gericht hebt Verbot von Corona-Demos auf und Merkels Sommerpressekonferenz – was wichtig war

Außerdem: Polen lässt deutschen Botschafter nicht ins Land + Bayerns Grenzpolizei verstößt teils gegen Verfassung. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Von Michael Schmidt

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Was ist passiert?

Gericht hebt Verbot von Corona-Demos auf, das Tauziehen dauert an - ein Desaster für Berlins Innensenator Geisel.
Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Demonstrationsverbot der Polizei für die Corona-Proteste aufgehoben. Die Demonstration am Samstag könnte also stattfinden, aber unter Auflagen, wie etwa der Einhaltung von Mindestabständen. Der Beschluss ist allerdings nicht rechtskräftig. Das Land Berlin wollte das Oberverwaltungsgericht anrufen (was bis Redaktionsschluss dieses Newsletters nicht erfolgt war). Zuvor hatte es nach Auskunft des Polizeivizepräsidenten mehr als 5100 Anmeldungen für Ersatzdemonstrationen gegeben. Lesen Sie hier, was die Gerichtsentscheidung bedeutet, wie es möglicherweise weiter geht und wie die Politik reagierte.
Für meinen Kollegen Alexander Fröhlich ist der Gerichtsentscheid eine Ohrfeige für den Innensenator. Er werfe die Frage auf, ob Andreas Geisel seinem Amt gewachsen sei, schreibt er. Und ob er mit seinem Vorgehen den Corona-Skeptikern nicht eine noch größere Bühne verschafft habe. Lesen Sie hier, warum Polizei und Senator mit ihrem Verbotversuch seiner Meinung nach einer Radikalisierung der bürgerlichen Demonstationsteilnehmer Vorschub leisten.

Angela Merkel: „Das Virus ist eine demokratische Zumutung.“
In der Sommer-Pressekonferenz mit der Kanzlerin standen wie erwartet Corona, Europa und andere weltpolitische Großthemen im Fokus. Allerdings ließ die Bundeskanzlerin auch überraschend persönliche Einblicke zu. Mein Kollege Christopher Stolz hat ihr gelauscht.

Polen lässt deutschen Botschafter nicht ins Land.
Es ist ein beispielloser Affront unter EU-Partnern: Warschau verweigert „Agrément“ ohne Begründung. Medien behaupten, der Vater des Diplomaten sei „Hitlers Adjutant“ gewesen und er ein „Spion“. Lesen Sie hier die Analyse von Christoph von Marschall.

• Bayerns Grenzpolizei verstößt in Teilen gegen die Verfassung.
Niederlage für Ministerpräsident Söder: Vor zwei Jahren führte Bayern die Grenzpolizei wieder ein. Die Grünen wehrten sich vehement dagegen und zogen sogar vor das oberste Gericht – mit Erfolg, wie Sie hier nachlesen können.

Großeinsatz an Oberstufenzentrum: Amoklauf oder Fehlalarm?
An einer Schule in Rummelsburg wurde am Freitag Alarm ausgelöst. Die Polizei prüfte einen Amokverdacht, Schüler harrten über Stunden in Klassenzimmern aus. Dann gab die Polizei Entwarnung. „Wir gehen derzeit von einem Fehlalarm aus“, schrieben die Beamten auf Twitter. Alle Schüler würden aus dem Gebäude geleitet, Notfallseelsorger standen bereit. Protokoll eines Tages, der wie kein anderer war.

Was wurde diskutiert?

Präsident Trump beim Parteitag der Republikaner.

© Brendan Smialowski / AFP

Trump macht's. Nominierungsrede ohne Maske und Abstand.
Krise? welche Krise? Trump setzt sich zum Abschluss des Parteitags über seine eigenen Corona-Gesetze hinweg - und feiert mit 1500 Menschen. Die Botschaft: Corona ist bewältigt. Lesen Sie hier den Bericht von US-Korrespondentin Juliane Schäuble, wie sich Trumps Partei ihre eigene Realität schafft.
Immer hilfreich in diesem Zusammenhang: ein Faktenchek. Trump stellt sich Bestnoten aus, bei seinem Herausforderer kann er nur Abgründe erkennen. Wie viel Wahrheit steckt in seinen Aussagen?
Mein Kollege, ehemals US-Korrespondent, ist genervt von Trumps apokalyptischer Rhetorik, mit der dieser vor seinem Kontrahenten Biden warnt: Wer hat denn das Chaos verursacht?, fragt Malte Lehming und erkennt in Trump den Brandstifter, der sich als Feuerwehrmann geriert.

• Riskantes Manöver am BER: Piloten sprechen von der „Kotzkurve“
Direkt nach dem Abheben sollen Piloten am neuen Hauptstadtflughafen bei Ostwind eine scharfe Kurve fliegen. Warum das zwar vor Lärm schützt, aber nicht ohne Risiko ist, schildern Annette Kögel und Thorsten Metzner hier.

Die Benachteiligung der jüdischen Zuwanderer muss ein Ende haben!
Nur Spätaussiedler dürfen trotz der Coronakrise wieder nach Deutschland, jüdische Zuwanderer aber nicht. Diese Ungleichbehandlung ist ein Skandal, findet meine Kollegin Claudia von Salzen.

Restauranttisch oder Parkplatz?
Der Nachbar beschwert sich über einen Cafétisch auf einem Parkplatz. Das ist gestrig. Die Stadt wird gerade neu gedacht. Eine Kolumne von Pacale Hugues zur Revolution auf dem Berliner Bürgersteig.

Was können Tagesspiegel-Abonnenten lesen?

Wohnhäuser in Berlin-Mitte, vom Berliner Fernsehturm aus gesehen.

© Christoph Soeder/dpa

Preiserhöhung trotz Mietendeckel - mit diesem Trick arbeiten Vermieter.
Immobilienfirmen akzeptieren den Mietendeckel in Berlin nicht. Sie fordern Bewohner auf, Mieterhöhungen zuzustimmen für den Fall, dass das Gesetz fällt. Lesen Sie hier die Tipps meines Kollegen Ralf Schönball, wie man sich gegebenenfalls dagegen wehren kann.

„Wer mitmarschiert, hakt sich bei Antisemiten unter.“
Die Stuttgarter Bewegung „Querdenken“ mobilisiert trotz Demo-Verbot nach Berlin. Welche Ideologien stecken dahinter? Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter Michael Blume spricht im Interview von „digitalen Sekten“.

• „Was anderen Frauen geschieht, geschieht auch mir.“
Esther Kogelboom und Julia Prosinger im Interview mit der Feministin Rebecca Solnit. Die amerikanische Autorin über unsichtbare Frauen, Schießen als Hobby und ihren prügelnden Vater.

Zwei Dinge jenseits des T-Plus-Bereichs möchte ich Ihnen noch empfehlen:

1. So wurde die Gewalt zum Flächenbrand: Übergriffe auf Juden 1930-38.
Ein Forschungsprojekt hat Tausende Gewalttaten gegen jüdisches Leben in Deutschland belegt. Unsere interaktive Karte von Hendrik Lehmann und David Meidinger zeigt, wie früh die Übergriffe begannen.

2. Begegnung mit dem abtrünnigen Sohn des bekanntesten DDR-Oppositionellen.
Florian Havemann ist eine schillernde Gestalt im emotional zerklüfteten Osten. Treffen mit einem, der lebt, wie sein neuer Roman sich liest. Von Robert Ide.

Was können wir unternehmen?

Dr. Ruth Westheimer in einer Szene des Films "Fragen Sie Dr. Ruth".

© -/Filmwelt /dpa

Unser Kino-Tipp: Die wahre Liebe - ein Film über Sex-Expertin Ruth Westheimer. Sie floh vor dem Holocaust in die USA und stieg zur Sex-Aufklärerin auf. Der Dokumentarfilm „Fragen Sie Dr. Ruth“ porträtiert die heute 92-Jährige.
(In Berlin läuft "Fragen Sie Dr. Ruth" im Capitol, Filmtheater am Friedrichshain, Kant Kino, Xenon, Yorck - alle OmU).

Unser Interview-Tipp: „Wir müssen neuen Spaß entwickeln.“ Wie kommt das Theater aus der Krise? Ein Gespräch mit Matthias Lilienthal über Corona-Spielpläne, Stadionpläne und die gute alte Volksbühne. 

Unser TV-Tipp: Wenn eine TV-Show über Leben und Tod entscheidet. In Massoud Bakhshis iranischem Drama „Yalda“ wird das Schicksal eines verurteilten Mörders im TV verhandelt. Solche Shows wurden im Iran tatsächlich schon veranstaltet.

Was sollte ich fürs Wochenende wissen?

Erste Titelchance der neuen Saison für Klopp: Im englischen Supercup trifft Meister Liverpool am Samstag auf den Pokalsieger Arsenal. Beide Teams hatten vor der Partie nur eine minimale Vorbereitung. „Will ich nach nur zwei Wochen Vorbereitung ein richtiges Match spielen? Nein!“, sagte Klopp am Freitag. „Aber wir wussten das ja schon eine Weile.“

Brandenburger Bauern fordern von EU mehr Schutz für Regionalprodukte: Die Bauern in Brandenburg fordern mehr Schutz für regionale Produkte. „Gerade in der Corona-Krise haben wir gemerkt, wir müssen stärker Wert auf die regionale Versorgung legen“, sagte der Sprecher des Landesbauernverbandes Tino Erstling. „Wir wollen klimafreundlicher werden und auch für mehr Tierwohl sorgen“, betonte er. Dadurch stiegen aber auch die Produktionskosten. Die EU-Agrarminister kommen von Sonntag bis Dienstag zu einer informellen Tagung in Koblenz zusammen. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner dazu eingeladen. Die CDU-Politikerin will bis zum Herbst ein Konzept für die Reform der Agrarpolitik auf die Beine stellen

Zahl des Tages!

89 – Der bekannte britische Graffiti-Künstler Banksy hat ein Schiff zur Seenotrettung von Flüchtlingen gestiftet. Wie die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch im Onlinedienst Twitter schrieb, nahm das von dem Künstler pink bemalte Rettungsschiff bereits 89 auf dem Mittelmeer in Seenot geratene Menschen auf. „Wir freuen uns über die pinke Verstärkung!“, schrieb Sea-Watch zu einem Foto des Schiffs. Der für seine Werke mit politischen Botschaften bekannte Banksy hatte das Schiff unter anderem mit dem Graffiti eines Mädchens in Rettungsweste, das einen pinken Rettungsring in Herzform hält, dekoriert. Wie der „Guardian“ berichtet, ist die bekannte deutsche Aktivistin Pia Klemp die Kapitänin des Schiffs. Klemp sagte: "Ich sehe die Seenotrettung nicht als eine humanitäre Aktion, sondern als Teil eines antifaschistischen Kampfes". Die Crew besteht laut Sea-Watch aus erfahrenen Seenotrettern aus ganz Europa. Banksy, der seine Identität geheim hält, sei aber nicht an Bord, heißt es.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Wenn Sie Fragen, Anregungen, Kritik zu diesem neuen Newsletter haben, können Sie mir gerne mailen an: michael.schmidt@tagesspiegel.de

Danke und herzliche Grüße

Ihr

Michael Schmidt

Leitung Newsroom

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