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Markus Söder (CSU), bayerischer Ministerpräsident, hängt ein Kreuz im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei auf.

© dpa/Peter Kneffel

Update

Gericht sieht Symbole als kulturell an: Bayerns Kreuze dürfen in Behörden bleiben

Vor fünf Jahren verpflichtete Ministerpräsident Markus Söder (CSU) seine Ämter, Kreuze anzubringen. Dagegen wurde geklagt, doch das Bundesverwaltungsgericht gab ihm nun recht.

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Die Kreuze an den Eingängen bayerischer Behörden dürfen hängen bleiben. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag zwei Klagen gegen eine entsprechende Anordnung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zurückgewiesen (Az.: 10 C 3.22).

Seit 2018 gilt Söders umstrittener „Kreuz-Erlass“. In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats (AGO) heißt es: „Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“

Dagegen hatte der bayerische „Bund für Geistesfreiheit“ (bfg) mit seiner Münchner Sektion geklagt. Er versteht sich als Vertreter der Konfessionslosen im katholisch geprägten Freistaat und zog zusammen mit zwei Dutzend Einzelmitgliedern vor Gericht. Er sieht in der Anordnung eine Verletzung der grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit. Zudem habe sich der Staat in religiösen Dingen neutral zu verhalten, privilegiere hier aber das Christentum, argumentierten die Kläger.

Es gibt keinen „Konfrontationsschutz“ gegen das Kreuz

Das Bundesverwaltungsgericht wies dies nun zurück. In einem Fall sei die Klage bereits unzulässig, im zweiten unbegründet. Nach Ansicht des Gerichts stellten die Kreuze zwar ein „zentrales Symbol des christlichen Glaubens dar“, sie verletzten die Kläger jedoch nicht in deren individueller Religionsfreiheit. Ihnen stehe „kein Konfrontationsschutz“ gegenüber den Kreuzen zu.

Auch das im Grundgesetz verankerte Diskriminierungsverbot wegen des Glaubens werde nicht verletzt. Danach dürfe der Staat zwar nicht bestimmte Glaubensgemeinschaften privilegieren, hieß es. Eine Bevorzugung christlicher Glaubensgemeinschaften im Sinne eines „Werbeeffekts“ sei aber bereits in erster Instanz vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt worden. Daran sei das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsinstanz gebunden.

Einen Verstoß gegen den Grundsatz religiös-weltanschaulicher Neutralität erkannte das Gericht ebenfalls nicht. Dieser Grundsatz verlange vom Staat „keinen vollständigen Verzicht auf religiöse Bezüge im Sinne einer strengen Laizität“, sondern verpflichte ihn zur „Offenheit gegenüber der Vielfalt weltanschaulich-religiöser Überzeugungen“. Verboten sei nur die Identifikation mit einem bestimmten Glauben.

Die Anbringung des Kreuzes (...) steht der Offenheit des Staates gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg.

Bundesverwaltungsgericht 

Der Freistaat Bayern identifiziere sich in dem Fall nicht mit christlichen Glaubenssätzen, erklärte das Gericht. Schon nach dem Wortlaut der Regelung solle das Kreuz vielmehr Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns sein. „Seine Anbringung im Eingangsbereich von Behörden steht der Offenheit des Staates gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg.“

Damit folgte das Bundesgericht im Wesentlichen der Linie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der die Klagen gegen den „Kreuz-Erlass“ im Sommer 2022 zurückgewiesen hatte. Mit Blick auf die klagenden Einzelpersonen bereits deshalb, weil es an einem konkreten Fall fehlte. Die Vorschrift selbst könne nicht angegriffen werden, hieß es damals, da sie – anders als ein Gesetz – nur die Behörden selbst verpflichte und keine Außenwirkung entfalte.

Besucher sind „nur flüchtig“ mit Kreuzen konfrontiert

Die Klagen des „Bundes für Geistesfreiheit“ selbst seien zulässig, aber unbegründet: Die Richter sahen zwar das objektiv-rechtliche Neutralitätsgebot des Staates „nicht gewahrt“, weil das Kreuz ein Symbol christlich-religiöser Überzeugung sei und nicht nur Ausdruck kultureller Prägung. Dies begründe jedoch noch keine einklagbaren Rechte.

Eine Verletzung der Kläger in ihrem Grundrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit oder in ihrem Recht auf Gleichbehandlung lag demnach ebenfalls nicht vor. Nach Paragraf 28 AGO würden die Kreuze im Eingangsbereich der Dienstgebäude, also in einem Durchgangsbereich angebracht. Behördenbesucher seien „nur flüchtig mit solchen Kreuzen konfrontiert“, anders als etwa bei Kreuzen in Klassenzimmern.

Das im Eingangsbereich staatlicher Dienststellen angebrachte Kreuz sei ein „im Wesentlichen passives Symbol ohne missionierende und indoktrinierende Wirkung“. Ihm komme keine den christlichen Glauben fördernde und damit die Weltanschauungsfreiheit der Kläger potenziell beeinträchtigende Wirkung zu.

Die Kirchen zeigten sich kritisch gegenüber Söders Vorstoß

Nun wird voraussichtlich das Bundesverfassungsgericht über den Fall entscheiden müssen. „Es ist noch nicht zu Ende“, sagte die Münchner bfg-Vorsitzende Assunta Tammelleo nach dem Urteil. Söder lobte die Entscheidung des Gerichts. „Das Kreuz ist ein Zeichen unserer christlichen und kulturellen Prägung. Es gehört zu Bayern“, sagte der Ministerpräsident.

Die Kirchen hatten sich damals gegenüber Söders Vorhaben kritisch gezeigt. Der Vorsitzende der Bayerischen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, meinte: „Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden.“ Ähnlich sah es der ehemalige evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Er kritisierte, das Kreuz dürfe nie für irgendwelche „außerhalb von ihm selbst liegenden Zwecke instrumentalisiert werden“.

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