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Krise ist überall. Diese Studentin läuft in Athen an Agitationsplakaten vorbei.

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Gescheiterte Verhandlungen: Griechenland rutscht in die Pleite

Der griechische Premier Tsipras kündigt ein Referendum an – die Euro-Gruppe will das Rettungsprogramm nicht verlängern. Derweil stürmen die Griechen Geldautomaten im ganzen Land.

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Im Griechenland-Drama stehen die Zeichen auf „Grexit“. Die Finanzminister der Euro-Gruppe lehnten es am Samstag ab, der griechischen Regierung einen Aufschub bis zu einer Volksabstimmung am kommenden Sonntag zu geben, und berieten über einen Plan B. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte in der Nacht zuvor in einer Fernsehansprache das Angebot der Gläubiger als „Erniedrigung eines ganzen Volkes“ verurteilt und überraschend ein Referendum am 5. Juni angekündigt. Das Parlament in Athen beriet während der Eurogruppen-Sitzung über diesen Plan.
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem bezeichnete Tsipras’ Vorgehen als „unfair“. Die griechische Regierung habe die Verhandlungen abgebrochen und empfehle ihrer Bevölkerung nun auch noch ein „Nein“ bei einem Referendum. Die Eurogruppe sei nicht bereit, dafür das laufende Hilfsprogramm zu verlängern. „Das Programm läuft Dienstagnacht aus“, sagte Dijsselbloem.
Tsipras kündigte nach griechischen Angaben in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Francois Hollande an, er halte an dem Referendum fest „egal was die Eurogruppe entscheidet“. Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis versicherte, man sei zu weiteren Verhandlungen bereit. Im Falle einer Einigung werde seine Regierung ihrem Volk die Annahme empfehlen.
Die Gläubiger hatten Griechenland zuletzt angeboten, im Gegenzug zu Maßnahmen wie Rentenreform und höheren Mehrwertsteuern bis November insgesamt 15 Milliarden Euro bereitzustellen.

Es wurde weiterverhandelt - ohne Varoufakis

Die Euro-Finanzminister berieten in einem zweiten Teil ihrer Sondersitzung – und ohne Varoufakis – über Schritte „für die finanzielle Stabilität in der Euro- Zone“. Auch der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hielt sich zu einer Krisensitzung bereit. Griechenland muss am Dienstag 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen, zudem werden am 20. Juli 3,5 Milliarden Euro an die EZB fällig.

Endet das laufende Hilfsprogamm am Dienstag, entfällt nicht nur die Grundlage für die noch offenen Milliarden-Hilfsraten an Athen, sondern auch für das Stützungsprogramm der EZB für griechische Banken. Im Falle einer Staatspleite müsste Griechenland wahrscheinlich eine Parallelwährung zur Bezahlung der Renten und Staatsdiener einführen. Experten und EU-Politiker befürchten als Folge eine schwere Versorgungskrise in dem Land, das in zentralen Lebensbereichen wie Energie- und Medikamentenversorgung auf den Import angewiesen ist.

Tsipras’ Referendumsplan löste in Griechenland am Samstag einen Ansturm auf die Geldautomaten aus. Die Zeitung „Kathimerini“ berichtete, dass bereits am Morgen in 500 der über 7000 Geldautomaten im Land kein Bargeld mehr zur Verfügung stand. Die Regierung in Athen lehnt eine Begrenzung des Zahlungsverkehrs aber weiterhin ab.
In Deutschland stieß der griechische Konfrontationskurs auf Kritik. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte zwar am Morgen im Deutschlandfunk, Tsipras’ Vorstoß „nicht einfach abzutun“. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel betonte Gabriel aber, der Regierungschef dürfe das Referendum nicht nur darauf anlegen, sich die Ablehnung der Gläubiger-Forderungen abzusichern. „Tsipras hat die Wahl zwischen Hilfe zur Selbstbehauptung oder Almosen“, sagte der Vizekanzler. CSU-Chef Horst Seehofer forderte hingegen: „Wir sollten diesen Zirkus so schnell wie möglich beenden.“ Der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Wenn Tsipras ein Referendum hätte abhalten wollen, dann hätte er es schon vor Monaten durchführen müssen.“

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