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Gesundheitsreform: Gestörtes Happy End in der Koalition

Gesundheitsminister Philipp Rösler schwärmte beim CDU-Wirtschaftsrat von Eintracht in Koalition – und erntet prompt Kritik

Berlin - Philipp Rösler muss sich sicher gefühlt haben. Der Auftritt beim CDU- Wirtschaftsrat war für den Gesundheitsminister ein Heimspiel. „Zeigen Sie Kante“, hatte Präsident Kurt Lauk den FDP-Mann gleich zur Begrüßung gedrängt und ihm – bei allem, was auf mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung hinauslaufe – „volle Rückendeckung“ zugesichert.

„Gesundheitswirtschaft statt Staatsmedizin“ lautete das Thema. Und der Minister erfüllte, dem Beifall nach, alle Erwartungen. Zwar habe er leider noch mal zu Instrumenten greifen müssen, auf die sich seine SPD-Vorgängerin „mindestens genauso gut“ verstanden hätte, entschuldigte sich Rösler. Die Festschreibung der Arbeitgeberbeiträge aber sei bereits gelungen. Und nach der „Pflicht“ werde nun die „Kür“ folgen, versicherte er. Schwärmte von Kostenerstattung, Therapiefreiheit, dem Einzug von Marktwirtschaft in ein hoffnungslos überreguliertes System – und gab sich erfolgsgewiss. Die Zeiten, in denen die Koalition „an eine schlagende Verbindung erinnert“ habe, seien nun ja vorbei, es gebe ein „Happy End“. Sprach’s und schloss, wie er es unter Bezug auf seine Herkunft gern tut, mit einem asiatischen Sprichwort. Nicht das altbekannte vom Bambus im Wind, sondern eines, das auf ungebremsten Reformwillen verweist. „Auch der längste Weg“, so Rösler, „fängt mit dem ersten Schritt an.“

Wie es um das „Happy End“ in der Koalition steht, stellte der CSU-Politiker Johannes Singhammer dann gleich unter Beweis. Dem Fraktionsvize hatte Röslers Schwelgen in der neuen Gesundheitswirtschaftswelt wohl so missfallen, dass er mit einer eigenen Devise, angeblich aus dem deutschen Sprichwortschatz, konterte. „Lieber kleine Schritte als große Sprüche“, empfahl er dem Minister.

Damit war alles gesagt – zur Gesundheitspolitik der CSU ebenso wie zu deren künftiger Renitenz gegenüber weiteren Reformbegehrlichkeiten. Röslers Kostenerstattungspläne kanzelte Singhammer ganz nebenbei ab. Schwerkranken, so sagte er, werde man ja wohl kaum zumuten wollen, vor der Behandlung mit dem Arzt in Kostenverhandlungen zu treten. Zudem solle man nicht vergessen, dass Verträge zwischen Kassen und Ärzten für Patienten auch eine Schutzfunktion hätten.

Rösler dagegen hatte kräftig für Kostenerstattung geworben – und klar gemacht, was er sich davon erwartet: mehr Transparenz, weniger unnötige Arztbesuche. Seine Oma habe immer gesagt, was nichts koste, sei nichts wert, so der Minister. Die Praxisgebühr sei in Sachen Steuerungswirkung ein Reinfall. Er habe den Eindruck, dass Patienten wegen der zehn Euro im Quartal sogar öfter zum Arzt gingen – „damit es sich lohnt“. Durch die hohen Verwaltungskosten der Privatversicherer sei doch „empirisch bewiesen, dass Kostenerstattung nichts bringt“, hielt der Chef der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, dagegen. Bevor man Geld in neue Bürokratie stecke, solle man es für Versorgung ausgeben. Und wer mehr Kostentransparenz fordere, dürfe auch Qualitätstransparenz nicht vergessen. Deutschland gehöre diesbezüglich „zu den schlechtesten Ländern der Welt“.

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