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Will die Hartz-IV-Sanktionen entschärfen: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

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Gleichberechtigung für unter 25-Jährige: Andrea Nahles will Hartz-IV-Sanktionen entschärfen

Union und SPD nehmen die komplizierten Hartz-IV-Regeln unter die Lupe. Das Arbeitsministerium von Andrea Nahles will die besonders scharfen Sanktionen für unter 25-Jährige abschaffen. Die Union ist skeptisch.

Das Bundesarbeitsministerium will Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger vereinfachen und teils entschärfen. Dies betrifft Langzeitarbeitslose, die zum Beispiel Termine unentschuldigt versäumen oder Jobs ablehnen. Strengere Regeln für unter 25-Jährige soll es nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ nicht mehr geben, wie aus einem Konzept aus dem Haus von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) „zur Weiterentwicklung des Sanktionenrechts“ in der Grundsicherung hervorgehe. Wegfallen solle auch die Sanktionierung der Kosten der Unterkunft. Angestrebt würden einheitliche Sanktionshöhen. Aus der Union kam allerdings Kritik weitergehende und deutliche Lockerungen.
Das Arbeitsministerium erklärte am Dienstag auf Anfrage in Berlin, dass einfachere Regeln angestrebt würden. „Es ist explizit nicht Ziel der Änderungen, den Leistungsbezug restriktiver zu gestalten.“ Dies betreffe zum Beispiel die Sanktionsmechanismen für junge Leute unter 25 Jahren. Im Herbst werde ein Gesetzentwurf vorgelegt: „Zur Zeit gibt es noch keine Festlegungen.“ Union und SPD hatten angekündigt, Sanktionsregeln für unter 25-Jährige zu prüfen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) zeigte sich skeptisch. „Ich kann mich daran nicht erinnern, dass da Sanktionen entschärft werden sollen.“ Seines Wissens sei das im Koalitionsvertrag nicht geregelt worden. Das bayerische Arbeitsministerium kritisierte, die Vorschläge beschränkten sich keineswegs auf eine Angleichung der Sanktionen für die Altersgruppe unter 25 Jahre. Sie zielten vielmehr auf eine zusätzliche deutliche Lockerung der Sanktionen für alle Leistungsberechtigten ab. Dies lehne Bayern ab. Damit würde ein wichtiger Baustein des Erfolges der Hartz-IV-Reform beschädigt.

Bisher werden unter 25-Jährigen die Bezüge komplett gestrichen

Schon Mitte Juni hieß es unter Berufung auf ein Arbeitspapier einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, dass die Sanktionen für unter 25-Jährige entschärft werden sollen. Für sie sollten die gleichen Regeln gelten wie für heute über 25-Jährige. Bisher werden den Jüngeren bereits beim ersten großen Verstoß die Bezüge komplett gestrichen.

Bei Älteren sind es bei der ersten Pflichtverletzung bisher 30 Prozent der Bezüge, die drei Monate lang gekürzt werden. Wer innerhalb eines Jahres nochmals gegen Regeln verstößt, dem wird die Leistung um 60 Prozent gekappt. Diskutiert wurde ein einheitlicher Mindestbetrag. Sozialgerichte verzeichnen seit Jahren eine Klageflut gegen Sanktionsentscheidungen der Arbeitsagenturen. Mehr als ein Drittel aller Klagen und Widersprüche von Arbeitslosen gegen Sanktionen bei Hartz IV war 2013 erfolgreich.

Miete und Heizung sollen nicht mehr von Sanktionen erfasst werden

Laut „Süddeutscher Zeitung“ sollen Job-Vermittler auch nicht mehr nach Lebensalter entscheiden. Das Ministerium wolle in Zukunft auch vermeiden, dass Erwerbslose aufgrund von Sanktionen auf der Straße landen. Die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung werde nicht mehr von den Sanktionen erfasst, heiße es im Konzept.

Die Arbeiterwohlfahrt nannte Korrekturen einen richtigen Schritt. Vor allem die härtere Bestrafung von jungen Menschen sei nicht zielführend. Die verschärften Sanktionen sollten ganz gestrichen werden. Für Grünen-Expertin Brigitte Pothmer ist eine Abschaffung der Sanktions-Sonderregeln für Unter-25-Jährige überfällig: „Diese Praxis ist nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch inhaltlich bedenklich.“ Korrekturen allein reichten nicht. Es müssten auch Defizite bei der Arbeitsförderung angegangen werden.
Aus Sicht von Linken-Chefin Katja Kipping ist jede Sanktion ein Grundrechtsverstoß. Statt nur an Sanktionen „herumzudoktern“, sollte Nahles diese ganz abschaffen. Die bestehenden Sanktionsregeln führten dazu, dass viele aus der Betreuung verschwanden, andere wohnungslos wurden. (dpa)

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