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Glosse: Frau Merkel, wir müssten zum Flughafen

Wir müssen Angela Merkel bewundern. Nein, ich meine das jetzt nicht politisch, sondern sportlich, ihre Kondition betreffend.

Was nimmt die Frau? Ist es eine spezielle Flockensorte im Morgenmüsli, sind es Eiweißpräparate aus der Muckibude? Oder hat sie noch was Geheimes vom Physikstudium in Leipzig im Schrank? Es waren ja nicht nur die drei Wahlgänge einschließlich Vor- und Nachbereitung, die sie bewältigen musste; unmittelbar davor stand der tollkühne Ritt auf dem Sparschwein in Toronto, und Deutschland dürstet in seinem gegenwärtigen Zustand ohnehin nach Regiertwerden rund um die Uhr.

Jeder, absolut jeder, hätte sich nach diesem Programm in der Datsche vergraben und das Handy mitsamt 200 ungelesenen Mitteilungen in den Großen Schluffsee geworfen. Die Kanzlerin aber? Fliegt 30 Stunden nach Südafrika.

Es liegt eine eigenwillige, dunkle Symbolik in der Tatsache, dass sie sich dazu ausgerechnet das Viertelfinale ausgesucht hat, dem nach dem Willen der Fußballer ja noch Halb- und Ganzfinale folgen sollen. Denkbar wäre, dass der BND bereits den usbekischen Schiedsrichter als Schwachstelle identifiziert hat und sicher weiß, dass Argentinien gewinnt. Oder, dass Jogi Löw sie eigens einbestellt hat mit dem Hinweis, sie sei die einzige Deutsche, die es an Charisma mit Maradona aufnehmen könne.

Wie auch immer: Ihr droht eine nervliche Belastung, unter der selbst Superagent Jack Bauer in die Knie gesunken wäre. Flieger, Limousine, Stadion, Winterwetter, erste Halbzeit, Pause, zweite Halbzeit, Verlängerung, dann Plauderei mit den Kickern am Entmüdungsbecken, Autogrammstunde, Händedruck mit dem Botschafter, Frau Merkel, wir müssten jetzt zum Flughafen, Check-In, Abflug, Landung in Tegel, Gewitter, 38 Grad – und das alles mit nichts als einer Dose Drei-Wetter-Taft.

Ob das alles richtig war, muss mal wieder die Geschichte zeigen. Verliert Deutschland, heißt es unweigerlich, die Kanzlerin habe nach einer Woche des Scheiterns nun auch noch die Nationalmannschaft mit sich hinabgezogen. Gewinnt Deutschland, hat sie bei den Leitartiklern einen gut, muss aber gleich wieder rüberhetzen, Halbfinale, Endspiel. Dann ist garantiert auch der Bundespräsident da, er wird seine Frau mitführen, das stiehlt der Kanzlerin die Schau, Trittin und Künast sitzen nebenan, in Deutschland tobt der Bund der Steuerzahler…

Joachim Gauck wird dann ziemlich froh sein, dass er nicht gewählt wurde.

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