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Der Osten war mit der D-Mark, Griechenland ist mit dem Euro überfordert.

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Schuldenkrise und Währungsunion: Griechenland braucht einen Aufbau Ost

Athen braucht nicht nur Geldgeber, sondern Investoren. Und eine griechische Regierung, die sich darauf einlässt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Freud und Leid liegen oft nah beieinander. Das ist im alltäglichen Leben so und manchmal auch bei den ganz großen Themen – etwa bei der Währung. 25 Jahre ist es her, dass die D-Mark in die DDR kam, an diesem Mittwoch wird gefeiert. Lange hatten die Ost-Bürger dafür gekämpft. Doch als die West-Mark in die ostdeutschen Banken gekarrt wurde, war ihr Ende schon besiegelt. Am selben Tag, als die DDR-Bürger ihre Ost-Mark in harte West-Währung umtauschen konnten, nahm der Euro erste Gestalt an. Am 1. Juli 1990, dem deutsch-deutschen Währungsvereinigungstag, trat auch die erste Stufe der europäischen Währungsunion in Kraft. Zwölf Jahre später tauschten die Ostdeutschen ein zweites Mal: D-Mark in Euro.

Viele sind den Poker um Griechenland leid

Ein Tag, zwei Gefühle, Freude über die D-Mark, Leid mit dem Euro. Und ganz besonders leid sind viele Menschen den Poker um Griechenland. Das Land soll endlich raus aus dem Euro, meinen viele in Deutschland. Zumal die Griechen ja schon bei ihrem Beitritt getrickst und getäuscht hätten. Das stimmt. Aber es ist egal. Denn auch Deutschland hat mehrfach die Euro-Stabilitätskriterien verletzt, ohne dass uns heute jemand aus dem Euro-Verbund werfen möchte. Hinzu kommt: Die Entscheidung für Griechenland war niemals eine finanzpolitische, sondern eine politische. Ein Europa, eine gemeinsame europäische Währung ohne das Mutterland der Demokratie? Unvorstellbar.

Geld ist politisch. Das haben wir doch auch im eigenen Land erfahren. Es waren die Demonstranten auf den Straßen in Leipzig und Ost-Berlin, die erreicht haben, dass Ost- und West-Mark zumindest bei den kleinen Sparguthaben, Renten und Löhnen eins zu eins umgetauscht wurden.

Der Euro in Griechenland: politisch gut gemeint, wirtschaftlich ein Desaster

Ein ökonomischer Wahnsinn, der die strauchelnden Kombinate restlos überforderte und vielen Unternehmen, die ohnedies mit wegbrechenden Märkten zu kämpfen hatten, den Rest gab. Politisch aber gab es keine Alternative, „eins zu eins, sonst werden wir niemals eins“, das war ernst gemeint.
Der Osten war mit der D-Mark, Griechenland ist mit dem Euro überfordert. Das Land hat keine Wirtschaftskraft, taumelt von einem Hilfspaket zum nächsten. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Der Euro in Griechenland: politisch gut gemeint, wirtschaftlich ein Desaster.
Weitere Kredite reichen da nicht. Das Geld würde versiegen, so wie auch in Ostdeutschland viel Geld verbrannt worden ist. Aber mit westlicher Hilfe wurde auch eine Verwaltung aufgebaut, ein funktionierendes Rechtssystem, wurden Verkehrswege gebaut und Netze, wurden Firmen mit Subventionen, günstigen Löhnen und einer modernen Infrastruktur in den Osten gelockt. Zwar hinkt die Ost-Wirtschaft immer noch hinter dem Westen her, sie holt aber langsam auf.

Die Währung ist nur der erste Schritt, weitere sind nötig

Die deutsch-deutsche Geschichte zeigt: Die Währung ist nur der erste Schritt, weitere sind nötig. Das gilt auch für Griechenland. Ohne eine funktionierende Steuerverwaltung und Katasterämter, ohne Infrastruktur und vor allem ohne einen Plan, wie die griechische Wirtschaft in Zukunft bestehen soll, wird das Schauspiel, das derzeit in Berlin, Brüssel und Athen aufgeführt wird, kein Happy End haben. Griechenland braucht einen Aufbau Ost. Um die griechische Tragödie zu beenden, braucht man nicht nur Geldgeber, sondern Investoren. Und eine griechische Regierung, die sich darauf einlässt.

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