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Schaffen es kaum, die Hände zu schütteln. Jeroen Dijsselbloem, Chef der Gruppe der Finanzminister der Eurozone, und Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis.

© Reuters

Griechenland: Kein Plan A, kein Plan B

In Europa wartet man darauf, dass die neue Athener Regierung endlich ihre Pläne konkretisiert. Finanzminister Varoufakis erklärt, man brauche noch „einige Wochen“, um Vorstellungen zu entwickeln. Wissen die noch immer nicht, was sie wollen? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Höhler

Warum so viel Aufregung in Europa über den Konfliktkurs des neuen griechischen Premierministers Alexis Tsipras? Diese Konfrontation kommt doch alles andere als unerwartet. Auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, der sich am vergangenen Freitag in Athen vor laufenden Fernsehkameras vom neuen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis vorführen lassen musste, kann eigentlich nicht überrascht gewesen sein. Schließlich macht Tsipras jetzt nur das, was er im Wahlkampf angekündigt hat: Er zerreißt die Kreditverträge mit den Gläubigern, beendet den Sparkurs, dreht die Reformen zurück und setzt die Troika vor die Tür.

Genau das hatte er seinen Anhängern versprochen, und genau dafür wurde er gewählt. Kein Wunder, dass die meisten Griechen begeistert sind: In einer Meinungsumfrage bekommt Tsipras jetzt eine Zustimmungsquote von siebzig Prozent. Die in Europa gehegte Hoffnung, er werde schon gleich nach der Wahl Wasser in seinen Ouzo gießen, war von Anfang an blauäugiges Wunschdenken.

Immerhin versucht Tsipras nun, die Wogen etwas zu glätten. Er versicherte in einer am Samstag eilig herausgegebenen Erklärung seine Verhandlungsbereitschaft. Man wolle keinen Frontalzusammenstoß mit der Europäischen Union. Aber trotz dieses Versuchs der Schadensbegrenzung fällt das Resümee unerfreulich aus: Tsipras steht schon eine Woche nach seinem Wahlsieg vor einem Berg zerschlagenen Porzellans.

Tsipras am Ruder einer Titanic, die mit Volldampf auf einen Eisberg zusteuert

An diesem Montag nun bricht der griechische Premier zu seinen ersten Auslandsreisen auf. In Rom und Paris will er sich die Unterstützung von Matteo Renzi und Francois Hollande sichern. In Brüssel bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dagegen wird Tsipras wenig Verständnis finden. Und nach Berlin kommt er gar nicht erst.

In Europa wartet man allerdings darauf, dass die neue Athener Regierung endlich ihre Pläne konkretisiert. Bisher hat Tsipras nur gesagt, was er nicht will: keine Troika, keinen Sparkurs, keine Reformen. Finanzminister Varoufakis erklärt, man brauche noch „einige Wochen“, um Vorstellungen zu entwickeln. Das ist erstaunlich, denn schon 2012 stand das Linksbündnis Syriza kurz vor der Regierungsübernahme. Und diesmal war es Tsipras, der die vorgezogene Wahl herbeigeführt hatte – ohne ein Programm? Während sich manche fragen, wie der „Plan B“ des Athener Links-Premiers aussieht, wird immer klarer: Er hat nicht einmal einen „Plan A“.

Tsipras’ fixe Idee ist der Schuldenschnitt für sein Land. Aber das ist unrealistisch. Außerdem arbeitet die Zeit gegen ihn. Die Europäische Zentralbank droht bereits, sie werde den griechischen Banken Ende Februar den Geldhahn zudrehen, wenn sich Athen bis dahin nicht mit den Gläubigern einigt. Eine griechische Zeitung sieht Tsipras am Ruder einer Titanic, die mit Volldampf auf einen Eisberg zusteuert – ein durchaus treffendes Bild.

Statt weiter auf die populistische Pauke zu hauen, sollte sich Tsipras schleunigst mit den EU-Partnern an einen Tisch setzen, um eine tragfähige Lösung für sein Land auszuhandeln, die den drohenden Staatsbankrott abwendet und die Fundamente für eine Rückkehr zu nachhaltigem Wachstum legt. Viel Zeit hat Tsipras dafür nicht. Schon Anfang März könnte die griechische Staatskasse leer sein.

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