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Griechenland: Welche Länder sperren sich gegen das Hilfspaket?

Es wurde bis in den Abend heftig diskutiert beim Euro-Finanzministertreffen am Dienstag in Brüssel. Griechenland und seine schwierige Finanzlage standen auf der Tagesordnung, in manchen Ländern gibt es starken Widerstand gegen die Hilfen.

Niederlande

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders hat ein einfaches Rezept, wie Griechenland ohne neue Hilfszahlungen durch die Schuldenkrise kommen kann. Die Hellenen sollten einfach zur Drachme zurückkehren, forderte der Chef der Freiheitspartei PVV im vergangenen Monat in einem Interview mit der Zeitung „De Telegraaf“. Da die niederländische Regierung auf die Duldung durch Wilders’ Partei angewiesen ist, ließ der Vorstoß des Rechtspopulisten im Königreich aufhorchen. Zwar reagierte der christdemokratische Finanzminister Jan Kees de Jager prompt und wies die Forderung nach einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone zurück. Aber auch wenn der rechtsliberale Premierminister Mark Rutte und sein christdemokratischer Koalitionspartner weder etwas wissen wollen von der Wiedereinführung der Drachme noch von der wahlweisen Rückkehr zum Gulden – beide Forderungen werden bei den niederländischen Rechtspopulisten erhoben –, so zählt die Regierung in Den Haag dennoch EU-weit zu den Hardlinern bei der Griechenland-Rettung. Und das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die Wilders-Partei bei den letzten Wahlen im Juni 2010 mit dem größten Stimmenzuwachs auf dem dritten Platz landete. In den Niederlanden falle die Frage, wie man die Euro-Zone künftig zusammenhalten könne, „einem zunehmenden Populismus zum Opfer“, urteilt Simon Tilford vom Londoner Think Tank „Centre for European Reform“.

Auch wenn die Minderheitsregierung in Den Haag unter dem Druck der Rechtspopulisten steht, scheint eine Mehrheit für neue Griechenland-Hilfen im niederländischen Parlament dennoch gesichert. Bei einer Parlamentsdebatte über die Unterstützung der Hellenen zeichnete sich am Dienstag eine Mehrheit für die Hilfszahlungen ab – auch die größte Oppositionspartei, die sozialdemokratische PvdA, ist dafür. Nach Ansicht von Simon Tilford ist das nur logisch. Auch die Niederlande, argumentiert er, haben ihren Teil zur Schuldenkrise in den Ländern an der Peripherie der Euro-Zone beigetragen. So hätten in der Vergangenheit niederländische Banken und Versicherungen allzu sorglos in griechische Staatsanleihen investiert. „Die Niederlande können sich jetzt nicht einfach von dieser Krise lossagen“, sagt Tilford.

Finnland

Noch vor zwei Monaten sah es ganz danach aus, als würde sich EU-Mitglied Finnland gegen Hilfspakete für verschuldete EU-Länder aussprechen. Knapp zwei Monate nach den Wahlen steht die neue Regierung immer noch nicht, doch nach derzeitigem Stand der Koalitionsverhandlungen wird noch in dieser Woche das neue Kabinett aus Mitgliedern der Konservativen, der Sozialdemokraten und vier weiteren kleinen Parteien vorgestellt werden: Die EU-skeptischen „Wahren Finnen“ werden nicht daran teilnehmen, insofern sind die größten Kritiker der Hilfszahlungen nicht an der Regierung beteiligt.

Allerdings machte während der Regierungsbildungsverhandlungen auch die Vorsitzende der Sozialdemokraten, Jutta Urpilainen, deutlich, dass sie Notkrediten an die verschuldeten EU-Länder nur zustimmen werde, wenn auch private Gläubiger mit an Bord geholt würden. Sollte es bis Ende der Woche zu einer neuen Regierung kommen, wäre also das zweite Hilfspaket für Griechenland gesichert, zumindest wenn private Gläubiger daran beteiligt werden.

Sollte der designierte konservative Regierungschef Jyrki Katainen mit seinem dritten Versuch einer Regierungsbildung allerdings scheitern, werden die Karten neu gemischt. Eine Regierungsbeteiligung der „Wahren“ Finnen wäre dann nicht mehr ausgeschlossen. Selbst Neuwahlen, bei denen die „Wahren Finnen“ Umfragen zufolge als zweitstärkste politische Kraft hervorgehen könnten, sind möglich.

Obwohl finnische Banken kaum in den Mittelmeerländern engagiert sind, spielten die Milliardenhilfen im Wahlkampf eine herausragende Rolle. „Warum sollen wir für die Verschwender aufkommen?“ fragten die „Wahren Finnen“ während des Wahlkampfs und erhielten jede fünfte abgegebene Stimme. Kurze Zeit befürchtete Brüssel sogar, Finnland könnte das Hilfspaket an Portugal durch sein Veto blockieren. Doch dazu kam es nicht: Die Konservativen sicherten sich eine parlamentarische Mehrheit für den Notkredit. In Finnland muss das Parlament zu EU-Entscheidungen befragt werden.

Slowakei

Die Slowaken bringen es schnell auf den Punkt: „Es kann nicht sein, dass wir als armes Land die reichen Griechen unterstützen“, heißt es in der Debatte oft. Slowakische Zeitungen haben errechnet, dass der Durchschnittslohn in Griechenland dreimal so hoch sei wie in der Slowakei, die Renten seien sogar viermal höher. Die Slowakei, die 2009 den Euro eingeführt hat, ist das ärmste Land in der Eurozone; der Durchschnittslohn liegt bei rund 750 Euro.

Besonders heikel ist die Griechenland-Hilfe deshalb, weil die Slowakei bereits vor acht Jahren radikale Steuer- und Sozialreformen durchgeführt hat, die vor allem sozial Schwache hart getroffen haben. Das Ergebnis ist, dass das Land einen weitgehend stabilen Haushalt hat; die Verschuldung der Slowakei liegt weit unter der Maastricht-Grenze von 60 Prozent. In der Situation andere Länder zu unterstützen und dafür selbst neue Schulden aufzunehmen, sei inakzeptabel, sagt beispielsweise Richard Sulik. Er ist Präsident des slowakischen Parlaments und Chef der liberalen Partei SaS, die an der Mitte-Rechts-Regierung beteiligt ist.

Als Ausweg ist eine Kompromissformel möglich, die schon in der Vergangenheit angewandt wurde: Die Slowakei zahlt Griechenland zwar kein Geld, blockiert aber die Hilfspakete der anderen Euro-Staaten nicht. Für Parlamentspräsident Richard Sulik ist die Lösung der Schuldenkrise eine ausgemachte Sache: Er sieht einen Staatsbankrott von strauchelnden Euroländern als bessere Lösung und spricht in diesem Zusammenhang von einem „Gesundungsprozess“.

Slowenien

Ohne Rettungsschirm keine gemeinsame Währung. Und ohne Euro sei Slowenien nicht wettbewerbsfähig. Mit dieser einfachen Formel hatte der sozialdemokratische Ministerpräsident Borut Pahor im Vorjahr die Beteiligung seines Landes am Euro-Hilfspaket verteidigt. Für knapp zwei Milliarden Euro haftet der kleine Balkanstaat. Die konservative Opposition lief von Anfang an Sturm. „Wir können uns auch nicht darauf verlassen, dass uns andere helfen werden, wenn wir in Schwierigkeiten geraten“, erklärte Ex-Wirtschaftsminister Andrej Vizjak.

Nun stehen dem einstigen Musterschüler unter den neuen EU-Ländern die Schwierigkeiten tatsächlich bis zum Hals. Slowenien ist selbst in eine bedrohliche Schuldenkrise geschlittert. Mit einer Pensionsreform wollte Pahor gegensteuern – doch das Volk sagte Nein. Seine linksliberale Regierung steht nun vor dem Aus, der Ruf nach Neuwahlen wird immer lauter.

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