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Dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy steht die Kanzlerin näher als seinem Herausforderer

© AFP

Halbherziges Dementi: Trotzige Merkel streitet Hollande-Verschwörung ab

Frankreichs aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten im Kanzleramt zu empfangen wäre normalerweise Usus. Den Sozialisten François Hollande aber will Angela Merkel partout nicht sehen. Warum, ließ sie am Montag durchblicken.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt bei ihrem Nein zu einem Treffen mit dem französischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande. Nach Angaben seiner Partei vom Montag darf sich der Sozialist wohl kaum mehr Hoffnungen auf eine offizielle Stippvisite im Berliner Kanzleramt machen. Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte seinerseits, dass es im Kalender der CDU-Politikerin "bislang keinen Termin" gebe. Und legte mit einem Seitenhieb gegen Hollande nach, der tief blicken lässt.

Mit seiner Darstellung widersprach Seibert einem Bericht des "Spiegel", wonach sich Merkel mit mehreren europäischen Regierungschefs darauf verständigt habe, den in Umfragen deutlich vor Amtsinhaber Nicolas Sarkozy liegenden Hollande nicht zu empfangen. Als Grund dafür wurde in dem Bericht Hollandes Ankündigung genannt, bei einem Wahlsieg den jüngst geschlossenen Fiskalpakt neu zu verhandeln, auf den sich 25 EU-Mitgliedstaaten erst am Freitag geeinigt hatten. Seibert wies dies als Spekulation zurück: "Es gibt keine solche Allianz" und somit auch "keinen Grund für böses Blut".

Allerdings heizte er die Gerüchteküche zugleich wieder an, indem er Hinweise für Merkels Unbehagen über Hollande lieferte. Immerhin habe sich der Sozialist beim SPD-Parteitag im November für einen Regierungswechsel in Deutschland ausgesprochen, stichelte Seibert und fügte trotzig hinzu. "Es soll dann auch keiner sich beklagen, wenn möglicherweise die CDU-Vorsitzende für ihren Parteifreund Nicolas Sarkozy Position im Wahlkampf bezieht."

Die Opposition reagierte prompt mit scharfer Kritik an der Kanzlerin. "Wenn sie behauptet, sie könne mit dem aussichtsreichsten Präsidentschafts-Kandidaten nicht zusammenarbeiten, zeigt das ein eigentümliches Demokratieverständnis - und schadet deutschen Interessen", empörte sich der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte die Verweigerungshaltung Merkels als "kindisch". Sollte sie zudem ihre konservativen Amtskollegen in anderen EU-Ländern "zu solch uneuropäischem Verhalten überredet" haben, sei dies ein "Skandal".

Allerdings ist Merkels Kurs auch innerhalb der Bundesregierung nicht unumstritten. Außenminister Guido Westerwelle empfahl am Montag erneut "kluge Zurückhaltung", denn "für mich ist entscheidend, dass die Bundesregierung nicht Teil des Wahlkampfs ist". Deutschland werde mit jedem demokratisch gewählten französischen Präsidenten "gut und hervorragend" zusammenarbeiten, versicherte der FDP-Politiker - egal wie der Sieger heiße. Westerwelles Sprecher Andreas Peschke sagte, jeder Anschein, dass sich die Bundesregierung einmische, müsse vermieden werden.

Hat bei Merkel einen schweren Stand: Der französische Sozialist und Präsidentschaftsbewerber François Hollande.
Hat bei Merkel einen schweren Stand: Der französische Sozialist und Präsidentschaftsbewerber François Hollande.

© AFP

Aufgescheucht durch den "Spiegel"-Bericht und das folgende Medienecho hagelte es denn auch Dementis von mehreren konservativen Staats- und Regierungschefs. Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy bestritt in Madrid, dass er zugesagt habe, Hollande nicht zu empfangen. Auch in italienischen Regierungskreisen hieß es, der "Spiegel"-Artikel sei "frei erfunden". Sarkozy widersprach im nordfranzösischen Saint-Quentin mit einer Gegenfrage dem Eindruck, es gebe eine derartige Absprache: "Glauben Sie nicht, dass die Regierungschefs etwas anderes zu tun haben, als solche Allianzen oder solche Sachen zu machen?"

Hollande selbst sagte dem Fernsehsender France 3, über seine Zukunft werde allein das französische Volk entscheiden. Andere europäische Politiker sollten keinen Druck ausüben. Parteigenossin und Sozialistenchefin Martine Aubry erklärte, Hollande habe zwar "aus Höflichkeit" um einen Termin gebeten. Die Kanzlerin habe jedoch erklärt, dass sie kein Treffen wünsche. Dies lässt Interpretationsspielraum, zumal Merkel vor der letzten Präsidentenwahl in Frankreich die damalige sozialistische Kandidatin Ségolène Royal - Hollandes frühere Lebensgefährtin - noch empfangen hatte.

Hollande liegt sieben Wochen vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 22. April in allen Umfragen vor Sarkozy. Demnach würde er den konservativen Amtsinhaber auch in einer Stichwahl am 6. Mai klar schlagen.

(mit dpa/AFP)

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