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Arbeitsminister Luigi Di Maio (links) und Innenminister Matteo Salvini.

© REUTERS

Haushaltsziele: Italiens Populisten-Regierung fordert die EU bewusst heraus

Italiens Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega Nord sucht die Machtprobe mit der EU - ganz bewusst. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Es war zu erwarten, dass die Populisten-Regierung in Rom früher oder später die Machtprobe mit den verhassten „Technokraten“ in Brüssel suchen würde. Im Wahlkampf haben die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega-Partei alles Mögliche versprochen: Ein Bürgereinkommen für alle Arbeits- und Mittellosen in Höhe von 780 Euro, Steuersenkungen und eine Rentenreform. Jetzt haben haben sie Rechnung gestellt: Das Parlament in Rom billigte langfristige Haushaltsziele, welche gegen die Vorgaben der EU in krasser Weise verstoßen.

Vordergründig dreht sich der Streit um ein paar Zahlen vor und hinter dem Komma. Die Neuverschuldung, die im Budget für das kommende Jahr vorgesehen ist, soll 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung entsprechen. Maximal sind nach den EU-Defizitregeln neue Schulden in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorgesehen. Auf den ersten Blick hat das Gezerre zwischen Brüssel und Rom etwas Altvertrautes. Hat nicht auch der frühere Regierungschef Matteo Renzi den EU-Stabilitätspakt als „Stupiditätspakt“ verschmäht?

Dennoch hat die Unverfrorenheit, mit der Innenminister Matteo Salvini und Arbeitsminister Luigi Di Maio zu Werke gehen, eine neue Qualität. Sie brüskieren bewusst die EU-Kommission, die für das kommenden Jahr eine Neuverschuldung von 0,8 Prozent für angeraten hielt. Der Grund für die Brüsseler Wegweisung: Italiens gigantischer Schuldenberg, der in der Euro-Zone nur noch von dem griechischen Schuldenstand überragt wird, soll nicht über Gebühr wachsen. Aber Salvini und Di Maio düpieren nicht nur Brüssel, sondern auch den eigenen Finanzminister. Giovanni Tria, der an den Finanzmärkten als Stabilitätsgarant gilt, hatte sich für ein maßvolles Budget eingesetzt. Dass der parteilose Ökonom in Rom kein Gehör fand, spricht Bände über die Machtverhältnisse in der italienischen Regierung.

Bedenklich sind die italienischen Haushaltspläne auch deshalb, weil es der Lega-Partei und der Fünf-Sterne-Bewegung nicht nur darum geht, mit einer einmaligen Ausgaben-Orgie die Erwartungen der Wähler zu erfüllen. Im Gegenteil: Auch in den Jahren 2020 und 2021 sind neue Schulden in einer Größenordnung vorgesehen, die weit jenseits der Empfehlungen aus Brüssel liegt.

Deshalb irrt der deutsche Kassenwart Olaf Scholz, wenn er sagt, Italiens Neuverschuldung sei „kein Thema der Europäischen Union“. Die milde Tonlage mag der Tatsache geschuldet sein, dass Scholz anders als sein Vorgänger Wolfgang Schäuble nicht mehr die Rolle des Zuchtmeisters in der Euro-Zone spielen will. Diesen Part wird nun die EU-Kommission übernehmen müssen.

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