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US-Präsident Barack Obama und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. Ende Mai wollen sie gemeinsam Hiroshima besuchen.

© REUTERS

Historischer Besuch in Hiroshima: Obama schreibt noch einmal Geschichte

Als erster US-Präsident reist der scheidende Amtsinhaber an den Ort des ersten Atombombenabwurfs. Das sei aber keine Kritik an dem Angriff 1945

Barack Obama nutzt selbst noch die „Lame Duck“-Periode im letzten Amtsjahr, um Geschichte zu schreiben. Ende Mai will er als erster US-Präsident Hiroshima besuchen, den Ort des ersten Atombombenabwurfs der Geschichte. Die Entscheidung, der monatelange Beratungen im Weißen Haus vorausgegangen waren, sei nicht als Kritik am Abwurf oder Entschuldigung zu verstehen, sagte Ben Rhodes, der außenpolitische Strategieberater Obamas, am Dienstag in Washington. Der Präsident wolle die Aufmerksamkeit auf die schrecklichen Leiden und Opfer von Kriegen lenken.

Eine weitere Wende in der US-Außenpolitik

Der gemeinsame Besuch mit Japans Premierminister Abe in Hiroshima im Anschluss an Obamas letzten G-7-Gipfel gehört in eine Reihe von Gesten, mit denen Obama an seine Wahlversprechen von 2008 anknüpft und der US-Außenpolitik eine Wende gibt, darunter das Atomabkommen mit dem Iran, das eine fast vierzigjährige diplomatische Eiszeit beendete, und die Wiederaufnahme von Beziehungen zu Kuba nach mehr als einem halben Jahrhundert, die Obama mit einem Besuch in Havanna krönte. Neben Japan ist Vietnam das Ziel seiner letzten Asienreise als Präsident, rund 40 Jahre nach dem Rückzug der USA aus Vietnam.

Abrüstung: Sein Thema aus Studententagen

Mit dem historischen Besuch in Hiroshima treibt der Friedensnobelpreisträger von 2008 ein Thema voran, das ihn bereits im Studium stark beschäftigt hat und seine Präsidentschaft von Anfang an begleitete: die drastische Reduzierung von Atomwaffen und das Fernziel einer atomwaffenfreien Welt. 1983, als in Deutschland die Nachrüstungsdebatte tobte, schrieb Obama als Student der Columbia-Universität New York in der Campus-Zeitschrift „Sundial“ einen Artikel unter dem Titel „Bruch mit der Kriegsmentalität“. Er verurteilte die „verdrehte Debatte über Erstschlag und Zweitschlag“ und forderte die Abrüstung tausender todbringender Atomsprengköpfe in den internationalen Arsenalen. Wie das zu erreichen sei, schrieb er nicht.

"Vielleicht nicht in meinem Leben"

26 Jahre später war er Präsident und nahm das Thema auf seiner zweiten Europareise in Prag erneut auf. „Ich bin nicht naiv. Das Ziel wird nicht rasch zu erreichen sein, vielleicht nicht in meinem Leben.“ Ein dreiviertel Jahr später hatte er nach zähen Verhandlungen zumindest einen großen Schritt voran erreicht den Vertrag mit Russland über die Verschrottung eines Drittels der beiderseitigen strategischen Atomwaffen. Den Besuch in Hiroshima versteht Obama als politisches Vermächtnis, diesen Weg fortzusetzen.

Im August 1945 hatten US-Streitkräfte Atombomben über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen und Japan zur Kapitulation im Zweiten Weltkrieg gezwungen. Durch die Bombe in Hiroshima wurden 140.00 Menschen unmittelbar getötet oder starben an Spätfolgen. Beim zweiten Abwurf über Nagasaki starben 74.000 Menschen. Unmittelbar danach kapitulierte Japan. Bis heute ist umstritten, ob dies nicht auch ohne die Abwürfe rasch zu erreichen gewesen wäre.

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