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Deutsche Soldaten verhaften einen Juden nach dem Aufstand 1943 im Warschauer Ghetto.

© STF/AFP/Getty Images

Holocaust-Studie: Sechsmal mehr Nazi-Zwangslager als bisher bekannt

Bisher war bekannt, dass die Nazis im Dritten Reich etwa 7.000 Lager und Ghettos errichtet hatten. Eine amerikanische Studie zeigt nun ganz andere, erschütternde Zahlen auf - und vor allem für Berlin ergeben sich völlig neue Dimensionen.

Die Nationalsozialisten haben während des Zweiten Weltkriegs laut einem Bericht der New York Times 42.500 Zwangsarbeits- und Gefangenenlager, Konzentrationslager und Ghettos in Europa errichtet. Bislang waren Historiker von rund 7.000 solcher Orte der Nazi-Verbrechen im besetzten Europa ausgegangen.

Wie die Zeitung in ihrer Sonntagsausgabe und vorab auf der Website berichtet, haben Wissenschaftler des United States Holocaust Memorial Museum im Jahr 2000 damit begonnen, alle Lager in Europa zu katalogisieren, in denen das Nazi-Regime zwischen 1933 und 1945 seine Opfer einsperrte, folterte und tötete. Die Ergebnisse der Untersuchung stellten die Wissenschaftler im Januar am German Historical Institute in Washington vor.

Der deutsche Direktor des Instituts, Hartmut Berghoff, sagte der New York Times: "Die Zahlen sind viel höher, als wir ursprünglich dachten. Wir wussten schon vorher, wie grausam das Leben in den Lagern und Ghettos war, aber diese Zahlen sind unglaublich."

Allein in Berlin dokumentierten die Wissenschaftler rund 3000 Lager und so genannte Judenhäuser, 1300 weitere in Hamburg. Laut Martin Dean, einer der leitenden Forscher, gebe es keinen Zweifel daran, dass zahlreiche Deutsche von den Existenz der vielen und weitflächig verteilten Lager gewusst haben müssen. "Man konnte damals buchstäblich nirgendwo hingehen, ohne auf Arbeitscamps, Konzentrationslager und ähnliches zu stoßen," sagte er der New York Times. "Die waren überall."

Lager von Frankreich bis Russland

Die Studie zeige auf, wie die Nationalsozialisten ihr Lagernetzwerk von Frankreich bis Russland ausdehnten, schrieb die Zeitung. Die meisten Lager seien in Polen und Deutschland errichtet worden. Bislang sei ihre Existenz nur regional bekannt gewesen.

Die Forscher unter der Leitung von Geoffrey Megargee und Martin Dean haben Daten aus etwa 400 Quellen zusammengetragen und ausgewertet. Das gesamte Ausmaß sei nun zum ersten Mal dokumentiert: wo sich die Lager befanden, von wem sie geleitet wurden und mit welchem Ziel sie errichtet wurden. Der Studie zufolge entstanden die Lager kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933.

Zuerst erschienen bei Zeit.de

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