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Wann kommt der Ring dran? Die Basis der Union tut sich schwer mit der Gleichstellung der Homo-Ehe. Foto: picture alliance/dpa

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Homo-Ehe: Merkel wägt und wartet ab

Die CDU-Chefin sieht keinen Anlass, bei der Homo-Ehe vom Parteitagsbeschluss abzurücken – vorerst.

Es ist nicht so, dass die Christdemokraten nicht wüssten, was auf sie zukommen wird in den nächsten Wochen und Monaten. Auch auf der Präsidiumssitzung der CDU am Montag zeichneten einige laut Teilnehmern ein realistisches Bild der Lage. Von der Opposition werde man wohl Sitzungswoche für Sitzungswoche als gesellschaftspolitisch ewig gestrig hingestellt. Der eigene Koalitionspartner werde in dieses Lied – vielleicht nicht ganz so laut, aber hörbar – einstimmen. Und das nächste Urteil in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht stünde auch bevor – mit einem Ergebnis, das wohl die steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften einfordern und die CDU damit einmal mehr unter Zugzwang setzen werde. Und trotzdem: Es bleibt in der CDU erst einmal bei einem Nein zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften.

Es war Parteichefin Angela Merkel selbst, die auf die Bremse getreten ist und eine Bekräftigung des bestehenden Parteitagsbeschlusses gefordert hat. Der sieht keine Gleichstellung vor, verweist aber auf zu erwartende Urteile des Verfassungsgerichts. Diese Bekräftigung hat sie vom Präsidium der CDU bekommen – und damit auch mehr Zeit.

Eine abrupte Wende wäre wohl auch Merkel zu waghalsig gewesen. „Das ist ein Thema, bei dem sich viele in der CDU schwertun und einige sehr schwer“, sagte ein Präsidiumsmitglied nach der Sitzung. Nun ist im Prinzip vieles wieder offen. Und jede Seite kann die Bekräftigung des Parteitagsbeschlusses in ihrem Sinn deuten. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen gehört eher zur Gruppe derer, die sich besonders schwertun. Dort deutet man die Präsidiumsdiskussion als Ende der Debatte. Die Befürworter der Gleichstellung sehen darin freilich mehr eine Verschiebung.

Als „intensiv“ wurde die Debatte im Präsidium beschrieben, aber auch als „realistisch“. Einige hätten deutlich gemacht, dass man sich in Zukunft weiter Gedanken darüber machen müsse, was Familie und Ehe bedeuteten und ob man nicht das Ehegattensplitting in ein Familiensplitting überführen müsse. Berechnungen zu den finanziellen Folgen wurden aber nicht angestellt.

Für Merkel ist der Zeitgewinn von Vorteil. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss sie ohnehin anerkennen und umsetzen, die Kritik der Opposition wird sie in Anbetracht des großen Abstands in den Umfragewerten verkraften. Ein Proteststurm der Konservativen wäre deutlich unangenehmer. Wie dick der Schlussstrich nun ist, wird sich erst noch zeigen. Denn das Präsidium ist nicht das stärkste CDU-Organ zwischen den Parteitagen, das ist der Bundesvorstand. Noch ist nicht entschieden, ob das Thema auf die Tagesordnung kommt, wenn das Gremium in zwei Wochen wieder zusammenkommt. Vermutlich wird es davon abhängen, ob sich die Debatte nun innerhalb der Partei weiter fortsetzt oder nicht. Und auf beiden Seiten heißt es schon, die Argumente seien eigentlich ausgetauscht.

In der Sitzung selbst wurde, so hieß es von Teilnehmern, auch über die Kritik einiger Christdemokraten wie Fraktionschef Volker Kauder oder auch CSU-Chef Horst Seehofer am Bundesverfassungsgericht gesprochen. Kauder hatte sich am Wochenende im „Spiegel“ über den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, beschwert. Der hatte in der vergangenen Woche in Berlin ein Hintergrundgespräch mit Journalisten abgehalten. „Ich würde mir wünschen, dass er auch einmal mit uns in den Fraktionen spricht, wenn er schon in Berlin ist und Hintergrundgespräche mit den Medien führt“, sagte Kauder. Das Gespräch in der Bundespressekonferenz bezeichnete er als beispiellosen Vorgang.

Angela Merkel wollte sich in der Präsidiumssitzung dieser Kritik aber nicht anschließen. Die Baustelle Gleichstellung homosexueller Paare dürfte ihr derzeit auch ohne eine Debatte um das Bundesverfassungsgericht groß genug sein.

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