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Gemach, gemach. In dieser Woche will CSU-Chef Horst Seehofer seiner drängenden Partei mitteilen, ob und wann er zurücktritt.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

CSU-Chef und Innenminister: Horst Seehofer verabschiedet sich – auf Raten

Wann geht Seehofer als CSU-Chef? Intern hat der 69-Jährige nun seinen Rückzug für Anfang 2019 angekündigt. Als Innenminister bleibt er wohl noch etwas länger.

Inzwischen gibt es für Horst Seehofer nichts mehr vorzuschieben. Die Koalitionsbildung in Bayern ist abgeschlossen, Ministerpräsident Markus Söder gewählt, und Manfred Weber wurde am Donnerstag in Helsinki zum EVP-Spitzenkandidaten gekürt. Alles Termine, die nach Ansage des CSU-Vorsitzenden erst mal abgearbeitet sein mussten, bevor man sich um Konsequenzen aus der krachend verlorenen Landtagswahl kümmern könne. Einzig offener Punkt: die Vereidigung von Söders Kabinett an diesem Montag. Dann wäre die Schonfrist für den 69-Jährigen endgültig vorbei gewesen.

Weil die Partei immer vernehmlicher mit den Füßen scharrte und ihr Vorsitzender sich am Sonntag ohnehin den Unmut der Bezirksvorsitzenden anhören musste, ist Seehofer seinem selbst entworfenen Fahrplan nun um einen Tag zuvor gekommen. Zwar machte er sich selber nach dem Treffen am Abend in München, bei dem es primär eigentlich um die Listenaufstellung für die Europawahl gehen sollte, wortlos aus dem Staub. Doch intern, so verlautete aus Teilnehmerkreisen, habe Seehofer seinen Rücktritt als Parteichef nun wenigstens schon mal angekündigt. Er wolle „nicht mehr im Wege stehen“, soll er gesagt haben.

Eine persönliche Erklärung werde in der kommenden Woche folgen, hieß es. Und über die Nachfolge werde dann bei einem Sonderparteitag Anfang des Jahres entschieden. Im Januar, spätestens im Februar.

Ob die Auseinandersetzungen in der Parteispitze heftig waren oder von Seehofer gleich mit der Aussicht auf seinen Rückzieher gebremst wurden, drang vorerst nicht nach außen. Dass die Bezirksfürsten das lähmende Spiel auf Zeit nicht länger mitmachen wollten, war aber bekannt. Die Verbände von Schwaben, Oberfranken und  der Oberpfalz sind schon vor Wochen vorgeprescht. Sie forderten eine flotte Ablösung des Vorsitzenden via Sonderparteitag – möglichst noch im Dezember.

Michael Frieser – Bezirkschef des Großraums Nürnberg/Fürth – gesellte sich am Wochenende dazu. „Wir müssen in der Personalfrage jetzt schnell die Weichen stellen“, drängelt er. Und: Es sei richtig, wenn Partei und Staatsregierung wieder in eine Hand kämen. Und auch Schwaben-Chef Markus Ferber legte nochmal nach. "Ein blaues Auge bei der einen Wahl, zwei blaue Augen bei der nächsten Wahl, und gar nichts mehr sehen bei der dritten Wahl - das ist keine Perspektive für die CSU", sagte er im ZDF. 2019 stünden die Europawahlen an, 2020 die Kommunalwahlen, und 2021 die Bundestagswahl. Die Partei habe keine Zeit zu verlieren. Außerdem gebe es im Parteivorstand niemanden, "ich kenne jedenfalls keinen, der nicht schon in der einen oder anderen Weise vom Parteivorsitzenden ungebührlich behandelt wurde".

Edmund Stoiber drängt auf Söder als Parteichef

Einer der Altvorderen in der Partei sieht das ganz genauso: Edmund Stoiber - langjähriger Ministerpräsident, Parteichef und mittlerweile Ehrenvorsitzender der CSU - rief Seehofer am Sonntag nicht nur unverhohlen dazu auf, den Parteivorsitz abzugeben. In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ pochte er auch darauf, beide Posten wieder zusammenzulegen.

Nur wenn ein CSU-Vorsitzender auch das Gewicht des bayerischen Regierungschefs in die Waagschale legen könne, sei für die Christsozialen im Bund etwas zu bewirken, sagte der 77-Jährige zur Begründung. „Als Franz Josef Strauß zugleich bayerischer Ministerpräsident und Vorsitzender der CSU war, wurden alle wesentlichen Entscheidungen in der Bundespolitik von ihm mit geprägt.“ Strauß habe Einfluss über die Runde der Parteivorsitzenden genommen, erinnerte Stoiber. „Wenn man das Amt des Ministerpräsidenten von dem des Parteivorsitzenden trennt, ist das schwächer.“

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Im Klartext verlangt der Ehrenvorsitzende damit einen Amtsverzicht Seehofers zugunsten von Söder. Daran, dass der Franke für ihn erste Wahl ist, hat Stoiber nie einen Zweifel gelassen. Und dass es auf Söder auch als Parteichef hinausläuft, wird auch mit Blick auf die Stimmungslage in der CSU immer offensichtlicher.

Zumal sich der Genannte selber nicht länger ziert. Laut „Spiegel“ hat er Parteifreunden bereits per SMS mitgeteilt, dass er für das Amt zur Verfügung stehe, „wenn ihr das so wollt“. Selbst Seehofers Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer, nennt Söder im Südwestrundfunk einen "sehr ernst" zu nehmenden Kandidaten, wenn es um die Nachfolge im CSU-Vorsitz gehe.

Innenminister als "Befehlsempfänger"?

Bleibt die Frage nach eben diesem Innenministerium. Ohne Parteivorsitz wolle Seehofer auch nicht Minister bleiben, hatte die „Bild am Sonntag“ unter Hinweis auf enge Vertraute schon am Morgen gemeldet. Bei dem Treffen des Parteivorstands in München soll der 69-Jährige dies vage bestätigt haben. Er werde „nicht mehr lange“ Innenminister bleiben, sagte er Teilnehmern zufolge. Einen konkreten Rückzugstermin fürs Kabinett gibt es allerdings noch ebenso wenig wie Hinweise auf den möglichen Nachfolger.

Man könne vielleicht noch ein paar Monate weiterarbeiten, aber ein „Durchwursteln“ auf diesem Posten werde es mit ihm nicht geben, hatte die BamS aus Seehofers Umfeld berichtet. Das entspricht früheren Äußerungen, wonach sich der Ingolstädter nicht vorstellen könne, als „Befehlsempfänger“ von Söder in Merkels Kabinett zu sitzen. Allerdings ist auch im Ministerium die Unzufriedenheit mit Seehofer gewachsen. Es gebe „keine klare Linie“, heißt es. Entscheidungen blieben liegen. Seehofer sei oft nicht präsent, möglicherweise auch mit dem Großministerium überfordert.

Göring Eckardt: Innere Sicherheit verträgt keine Hängepartie

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte Seehofer zum sofortigen Rücktritt als Innenminister auf. „Jeder Tag, den Horst Seehofer weiter Innenminister bleibt, ist ein Tag zu viel. Wenn es um die Innere Sicherheit in unserem Land geht, darf es keine weitere Hängepartie geben", sagte die Grünen-Politikerin dem Tagesspiegel. Seehofers Politik der Ausgrenzung und Spaltung sei "ein Sicherheitsrisiko" für die Gesellschaft. "Er sollte umgehend auch als Innenminister zurücktreten und nicht noch weitere Monate im Amt bleiben", verlangte Göring-Eckardt.

Der 69-Jährige hatte beständig damit kokettiert, dieses Amt durchaus bis zum Ende der großen Koalition ausüben zu können. Er habe im Ministerium „noch ein großes Werk zu verrichten“, sagte Seehofer jüngst. Und der Terminkalender des Ressortchefs ließ erstmal keinerlei Rückschlüsse auf erhöhte Nervosität oder gar ein Stühlerücken in dem Haus in Alt-Moabit zu. An diesem Montag will Seehofer ein neues Fahndungszentrum der Bundespolizei in Bautzen einweihen. Am Dienstag will er in Berlin Bundesverdienstkreuze verleihen. So schnell geht es mit Seehofers Abschied von der Macht nun auch wieder nicht. (Mitarbeit: Cordula Eubel)

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