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Zeit zum Nachdenken. US-Präsident Barack Obama war auf einer Welle der Euphorie ins Amt gekommen – doch viele Wähler scheinen jetzt enttäuscht. Bei der Kongresswahl im Herbst müssen seine Demokraten mit einer schmerzlichen Niederlage rechnen. Foto: dpa

© dpa

Illegale Einwanderung: Obamas riskanter Sieg

US-Präsident Obama setzt sich vor Gericht im Streit über illegale Einwanderer durch – das könnte ihn Stimmen kosten.

Drei Monate vor der Kongresswahl spitzt sich der Streit um das Immigrationsrecht in den USA zu und droht zum emotionalen Hauptthema des Wahlkampfs zu werden. Am Donnerstag sollte ein Regionalgesetz in Arizona in Kraft treten, das die Polizei dort zu schärferem Vorgehen gegen illegale Einwanderer verpflichtet. Kurz zuvor erklärte die für Arizona zuständige Bundesrichterin Susan Bolton Teile des Gesetzes für rechtswidrig.

Es ist einerseits ein juristischer Sieg für Präsident Barack Obama, der eine Reform des Einwanderungsrechts auf Bundesebene anstrebt. Sein Justizminister Eric Holder hatte gegen das Arizona-Gesetz geklagt. Andererseits erhöht die Zuspitzung die politischen Risiken bei der Kongresswahl, bei der sich entscheidet, ob Obama seine Parlamentsmehrheit verliert. In Umfragen wünscht eine klare Mehrheit der Bürger ein schärferes Vorgehen gegen illegale Migranten. In der US-Bevölkerung herrscht ein ähnlicher Unmut wie in Deutschland vor der Änderung des Asylrechts 1993.

Der Konflikt vor Gericht dürfte Obama Stimmen bei weißen Bürgern kosten, dafür aber eine für ihn wichtige Wählergruppe mobilisieren: die legal eingewanderten Latinos mit US-Pass und Wahlrecht. Sie sind die größte Minderheit und waren mit entscheidend für seinen Sieg in der Präsidentenwahl 2008.

In den USA leben schätzungsweise zwölf bis 15 Millionen illegale Einwanderer. Sie stammen überwiegend aus Lateinamerika. Schleuser bringen jährlich mehr als eine Million Menschen über die Südgrenze, die über weite Strecken in unwegsamem, heißem Wüstenland verläuft. Viele Routen führen nach Arizona. Immer wieder kommt es zu Schießereien zwischen Grenzpolizei und Schleusern. 2010 gab mehrere unaufgeklärte Morde in Grenznähe; es wird vermutet, dass die Opfer Schleusern oder Drogenschmugglern im Weg waren. Rancher klagen über zerschnittene Weidezäune. Amerikaner haben vielerorts Milizen gebildet, um die „Verteidigung der Grenze“, wie sie sagen, in die eigenen Hände zu nehmen.

Seit langem streben wechselnde Regierungen eine Reform des Einwanderungsrechts an, finden aber keine Mehrheit. George W. Bush scheiterte. Dem konservativen Flügel der Republikaner ging sein Entwurf nicht weit genug. Sie verlangen einen drastischen Ausbau der Grenzsicherung und die Deportation der Illegalen. Vielen Demokraten ging Bushs Ansatz zu weit. Auch sie sind angesichts der öffentlichen Stimmung für einen – moderaten – Ausbau der Grenze. Bisher gibt es nur an einzelnen Abschnitten der 2500 Kilometer langen Grenze zu Mexiko Barrieren. Sie wollen den Illegalen aber die Legalisierung anbieten, sofern sie die Steuern für die geleistete Schwarzarbeit nachzahlen und einen Antrag auf Einwanderung stellen.

Obama versprach einen neuen Anlauf, gab aber zunächst der Gesundheits- und der Finanzreform Priorität. Arizona beschloss im Frühjahr ein Regionalgesetz, das die demokratische Gouverneurin Jan Brewer im April unterzeichnete.

Bundesrichterin Bolton setzte vier zentrale Anweisungen an die Polizei des Staates außer Kraft. Regionale Polizei darf nicht den aufenthaltsrechtlichen Status überprüfen, wenn sie Personen aus anderen Gründen kontrolliert. Ohne richterlichen Haftbefehl darf sie Personen nicht festnehmen, nur weil sie vermutet, dass sie sich widerrechtlich in den USA aufhalten. Sie hob die Klausel auf, die es Personen ohne Personalpapiere verbietet, an öffentlichen Plätzen ihre Arbeitskraft anzubieten. Und die Bestimmung, die es unter Strafe stellte, wenn Immigranten keinen Ausweis bei sich tragen. Im Kern lautet die juristische Begründung, Arizona dürfe Bereiche, die in die Kompetenz der Bundesregierung fallen, nicht regeln.

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