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Im BLICK: Im Bund mit den Lehrern

Das muss einen schon stutzig machen: Fast zwei Drittel der deutschen Lehrer wollen ihren Dienstherrn wechseln. Sie wollen, dass die Zuständigkeit für die Bildungspolitik von den Ländern auf den Bund übergeht.

Das muss einen schon stutzig machen: Fast zwei Drittel der deutschen Lehrer wollen ihren Dienstherrn wechseln. Sie wollen, dass die Zuständigkeit für die Bildungspolitik von den Ländern auf den Bund übergeht. Was bedeuten würde, dass der Bund auch die Bezahlung und beamtenrechtliche Behandlung der Schulmeister übernimmt. Es gibt Landespolitiker, die hätten auch gar nichts dagegen – ein Problem weniger, sagen sie. Das Amt des Kultusministers ist ja neuerdings auch nicht mehr allzu beliebt, nur Schwierigkeiten damit.

Der Drang der Lehrerschaft zum Bund ist wohl auch das Ergebnis einer intensiveren Phase in der deutschen Schulpolitik, ausgelöst durch die Pisa-Studien seit dem Jahr 2000. Seither ist Bildung Topthema, es tut sich ständig was, die Ruhe ist weg, Streit beherrscht das Feld, Pädagogikprofessoren jeder Richtung bekommen lange Interviews, die Aufregung ist allgemein sehr groß. Die hat natürlich irgendwann auch die Kultusbürokratie in den Ländern erreicht, und vor deren Zudringlichkeiten wollen viele Lehrer sich nun in die vermeintlich weniger bürokratischen Bundesgefilde flüchten. Es ist, sie sollten sich da keine Illusionen machen, der Weg vom Regen in die Traufe.

Aber die Forderung, der Bund solle sich mehr um Schulpolitik kümmern, hat zweifellos Konjunktur. Der Wunsch nach stärkerer Zentralisierung begleitet freilich fast zwanghaft jede politische Debatte in Deutschland. Und die Begründung für eine Bundesbildungspolitik ist seit jeher ziemlich schwach. Im Grunde ruht sie auf zwei Dauerargumenten. Nummer 1: Der Bund habe unermessliche Mittel, die in Bildung fließen könnten, die Länder aber machten notorisch zu wenig Geld dafür locker. Das ist neuerdings verbunden mit der Forderung, das „Kooperationsverbot“ in der Bildungspolitik abzuschaffen, damit Geld vom Bund an die Länder fließen kann. Als ob es sonst nicht fließen könnte. Denn mehr Geld für die Länder wäre ganz einfach und ohne Grundgesetzänderung zu bekommen, indem man ihnen für die Finanzierung von Schulen und Hochschulen einfach mehr Steuermittel ließe, statt sie im Bundesetat zu bunkern. Immerhin erlaubt die reine Länderzuständigkeit, dass sich Bildungspolitik auf Landesebene aus einem Guss und ohne langwieriges kooperatives Anstehen beim Bundesminister machen lässt.

Standardargument 2: Man kann in Deutschland nicht umziehen, weil es 16 inkompatible Schulsysteme gibt. Das ist Unfug, das Maß an Angleichung ist hoch, und es wird immer höher. Zudem steckt die Nomadisierung des deutschen Volkes allenfalls im Anfangsstadium. Der Anteil der schulpflichtigen Kinder, die den Umzug in ein anderes Bundesland fürchten müssen, liegt bei sieben, acht Prozent. Dafür ändert man nicht die Verfassung.

Dennoch gibt es in allen Parteien eine große Sympathie für mehr Bund in der Bildung. Der Grund: Das Thema hat Zukunftsappeal, und das lockt die Parteistrategen wie die Motten das Licht. Es geht um Bildungswahlkampf auf Bundesebene. Nicht mehr. Ob eine bessere Bildungspolitik dabei herauskäme? Nun ja, es regieren in Bund und Ländern die gleichen Parteien. Aber er hat natürlich viel zu verteilen, der Bund, fast schuldenfrei, wie er ist.

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