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Ein Mädchen schaut in der ukrainischen Stadt Irpin auf sein Smartphone. Im Hintergrund ein stark beschädigtes Wohnhaus.

© Sergei CHUZAVKOV / AFP

Im Familienchat gegen Putins Propaganda: Ukrainer beeinflussen den Blick der Russen auf den Krieg

Die „Washington Post“ hat Ukrainer zu ihrer Kommunikation mit russischen Verwandten befragt. Der Austausch führt dazu, dass Lügen an Wirkung verlieren.

Der russische Überfall auf die Ukraine ist auch ein Informations-Krieg: Russland schreibt den landeseigenen Medien vor, dass sie ausschließlich die offiziellen, staatlichen Quellen verwenden dürfen, wenn sie über den Krieg in der Ukraine berichten. Wie diese Propaganda auf die russische Bevölkerung wirkt, ist von außen schwer einzuschätzen, da nur ein russisches Meinungsforschungsinstitut als weitgehend unabhängig gilt: das Lewada-Zentrum.

Eine Umfrage dieses Instituts ergab, dass im April 74 Prozent der Befragten hinter dem Einsatz der russischen Armee standen (das ist nur ein leichter Rückgang verglichen zum März).

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Die russische Propaganda wirkt

Die russische Propaganda, wonach die Ukraine mit dem „militärische Spezialoperation“ genannten Einsatz von Nazis befreit würde, verfängt also offenbar. Darauf deutet auch eine Erhebung der US-Zeitung „Washington Post“ aus dem April hin, etwa sieben Wochen nach Kriegsbeginn, deren Ergebnisse nun veröffentlicht wurden.

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[Lesen Sie auch: „Glauben Sie, das ist alles fake?“ :Mit tausenden Telefonaten gegen die russische Propaganda-Maschine]

Befragt wurden 1880 Menschen aus der Ukraine. 48 Prozent der Antwortenden haben mindestens einen Verwandten oder eine Verwandte in Russland. Die Befragten wurden gebeten, auf einer Skala von eins bis zehn einzustufen, wie sehr die russischen Verwandten der Propaganda zu Beginn ihrer Gespräche über den Krieg glaubten.

Die durchschnittliche Bewertung von acht lässt auf eine hohe Wirkung der Propaganda schließen.

Ältere Verwandte und Verwandte, die ihre Nachrichten aus dem staatlichen Fernsehen beziehen, wurden dabei als stärker von der Propaganda beeinflusst wahrgenommen. Der Wohnort – große Stadt oder ländliche Regionen – mache jedoch keinen Unterschied.

Auf die Verwandten in der Ukraine wird gehört – zumindest in manchen Fällen

54 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Austausch mit den russischen Verwandten nichts an deren von den russischen Medien beeinflussten Meinung geändert habe. Acht Prozent gaben sogar an, dass ihre Verwandten anschließend noch überzeugter gewesen seien. Doch immerhin 22 Prozent berichteten von einer erfolgreichen Veränderung der Sichtweise. Der russischen Propaganda sei nach den Gesprächen „ein bisschen“ weniger geglaubt worden.

16 Prozent gaben sogar an, dass den russischen Medien anschließend deutlich weniger geglaubt worden sei.

Von denjenigen Befragten, die zum Zeitpunkt der Umfrage nach wie vor mit ihren russischen Verwandten in Kontakt standen, berichten sogar nur 37 Prozent, dass es gar keinen Effekt des Austausches gegeben habe. Nur vier Prozent meinten, dass sich die Meinung der anderen Seite verstärkt habe. 59 Prozent gaben dagegen an, dass der Staatspropaganda anschließend ein bisschen oder deutlich weniger geglaubt worden sei.

Geschätzte elf Millionen Russ:innen haben Familie in der Ukraine. Diese Verbindungen können der Erhebung der „Washington Post“ zufolge ein Gegengewicht zur umfangreichen, systematischen Beeinflussung der Bevölkerung durch den russischen Staat bilden.

Zumal die „Washington Post“ auch auf Ergebnisse der Sozialforschung verweist, wonach es beim Überzeugen weniger auf Fakten und Logik ankomme – und mehr auf emotionale Verbindungen: Man glaubt denjenigen eher, die man mag und in deren Perspektive man sich hineinversetzen kann. Menschen also, die einem nahestehen und mit denen ein Austausch erfolgt.

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