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Vor dem Festakt: Wolfgang Schäuble und seine Frau Ingeborg.

© DAVIDS

Schäuble zum 70.: In aller Treue

Wolfgang Schäuble wird 70 und die Unionsfraktion gratuliert im Deutschen Theater. Viele Personen sind gekommen, viele aus seiner Vergangenheit - und sie widmen ihm zum Geburtstag eine besonders passende Schrift.

Von Robert Birnbaum

Man könnte einen wohlfeilen Scherz daraus machen in Zeiten der Rettungsschirme. Aber wer auch immer auf die Idee gekommen ist, Wolfgang Schäuble zum Geburtstag „Die Bürgschaft“ von Friedrich Schiller zu widmen, muss sich mehr dabei gedacht haben.

Der Jubilar sitzt in der ersten Reihe im Deutschen Theater, um ihn und hinter ihm in den roten Plüschstühlen seine Vergangenheit und seine Gegenwart. Viele sind gekommen zu der Matinee, die die Unionsfraktion ihrem Finanzminister zum 70. ausgerichtet hat. Die Vergangenheit: Jürgen Rüttgers, der einmal sein Fraktionsgeschäftsführer war, Norbert Blüm, Friedrich Merz, Karl Lamers, der Miterfinder des „Europa der zwei Geschwindigkeiten“, sowie Edmund Stoiber, der wie immer ein wenig zu spät kommt. Die Fraktion, die Familie, die Fraktionsspitzen von FDP, Grünen und SPD repräsentieren die Gegenwart.

Und oben auf der Bühne sitzt jetzt also an einem niedrigen Tischchen der Schauspieler Ulrich Matthes und liest Schiller, die Ballade der zwei Freunde, die mit dem Leben füreinander einstehen: „Die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn!“

Schäuble stützt die Hand aufs Kinn. Treue – wenn man nur ein Wort nehmen dürfte, um dieses lange politische Leben zu kennzeichnen, es wäre nicht das schlechteste. Alle, die ihm heute eine Festrede halten, benutzen es in Variationen. Volker Kauder etwa, der ihn seit vier Jahrzehnten kennt. Wem Schäuble traue, sagt der Fraktionschef, der könne sich hundertprozentig auf ihn verlassen, freilich: „Wenn man sein Vertrauen nicht hat, kann’s ungemütlich werden!“

„He’s a man of his word – I can stand for that“, sagt Christine Lagarde, die Chefin des Weltwährungsfonds über „Wolfgong, my friend“ – ein Mann, ein Wort, sie kann das bezeugen. Angela Merkel auch. Als die Kanzlerin ihn zum Minister gemacht habe, berichtet Schäuble später in der Dankesrede, habe er gesagt: „Sie können sich auf meine Loyalität verlassen; aber Sie wissen, was Sie tun!“ Merkel revanchiert sich heute: „Es ist sehr gut, Sie an der Seite zu haben.“

Ja, sie hat gewusst, auf was sie sich einlässt. Sie hat ihn zum ersten Mal als Vizesprecherin der letzten DDR-Regierung getroffen auf dem Weg zu einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ostdeutschen Architekten des Einheitsvertrags Günther Krause. Krause wollte schnell noch ein Fernsehinterview geben. „Dann findet die Pressekonferenz nicht statt“, erinnert sich Merkel an Schäubles Replik.

Treue zu sich selbst, zu Europa, zu Deutschland, alle würdigen das. Einen „Dienstleister im besten Sinne des Wortes“ nennt ihn Merkel: „Ohne Sie sähe unser Land anders aus.“ Treue selbst dort, wo sie missbraucht wurde. Helmut Kohl wird dieser Tage ja auch gefeiert. Aber Kohl ist Geschichte. Schäuble nicht. „Diese blöden Fragen: Warum tun Sie sich das noch an“, spottet der gerührte Jubilar. „Weil’s mir Freude macht!“ Er wird weiter Politik betreiben dürfen, verstanden als „Gestaltung unseres Zusammenlebens“ – und als „ein glücklicher Mensch, was ich glaube zu sein“.

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