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Iran: Der Sieger hat verloren

Präsident Ahmadinedschads Anhänger haben wohl auch im neuen Parlament die Mehrheit - aber die Wahl hat ihre Kritiker gestärkt

Das Lager von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad wird voraussichtlich wieder die stärkste Gruppe im Parlament sein. Aber seine Kritiker aus den konservativen Reihen scheinen gestärkt aus den Parlamentswahlen hervorgegangen zu sein. Auch die Reformer haben trotz des Ausschlusses hunderter Kandidaten ihre Stellung möglicherweise behaupten können. Das geht aus Teilergebnissen der Parlamentswahl vom Freitag hervor, die am Sonntag bekannt wurden.

Unter Berufung auf die iranische Nachrichtenagentur Irna und offizielle Vertreter meldete die Nachrichtenagentur AP, dass die Entscheidungen über 158 der 290 Parlamentssitze gefallen seien. Demnach seien 57 Anhänger Ahmadinedschads im ersten Wahlgang gewählt worden. Von der zweiten konservativen Liste, die dem Politikstil und der Wirtschaftspolitik Ahmadinedschads kritischer gegenübersteht, seien 40 Kandidaten gewählt worden. Von den Reformern hätten es bisher 24 geschafft. Für die Reformer wäre es ein Sieg, wenn sie trotz des Ausschlusses ihrer prominentesten Kandidaten mehr als die bisher 40 Vertreter im Parlament hätten. Der Konkurrent Ahmadinedschads bei der Präsidentschaftswahl 2009, der ehemalige Atomunterhändler Ali Laridschani, konnte in Qom mit offiziell 76 Prozent der Stimmen einen Sieg verbuchen. Er gilt als pragmatischer Konservativer. Im ersten Wahlgang muss ein Kandidat 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, ansonsten gibt es eine Stichwahl in einem Monat. Die Wahlbeteiligung lag angeblich um die 60 Prozent – und damit höher als 2004, als sie knapp über 50 Prozent betrug.

In der Hauptstadt Teheran wurden 14 der insgesamt 30 Parlamentssitze im ersten Wahlgang vergeben. In Teheran haben es mehrere enge Vertraute Ahmadinedschads wieder in das Parlament geschafft. Am besten schnitt jedoch Parlamentspräsident Gholam Ali Hadad Adel ab, ein Konservativer, der sich aber auch kritisch zur Wirtschaftspolitik Ahmadinedschads geäußert hat. An zweiter Stelle kommt ein enger Vertrauter des Präsidenten, der radikale Kleriker Morteza Agha Tehrani. Insgesamt vier Vertreter der Ahmadinedschad-Vereinigung „Süßer Duft des Dienstes“ sind auf den ersten 14 Plätzen vertreten, weitere drei haben in Stichwahlen gute Chancen. Die von der Ahmadinedschad-Liste abgespaltenen Konservativen haben zwar einige Parlamentssitze errungen, aber einige prominente Namen haben es nicht einmal in die Stichwahl geschafft. Von den Reformern schaffte es in Teheran keiner ins Parlament, aber bei den Stichwahlen wird mit dem Sieg einiger Kandidaten gerechnet. Die Reformergruppe des Klerikers und ehemaligen Parlamentssprechers Mahdi Karubi hat in Teheran schlecht abgeschnitten: Kein einziger der Kandidaten der Nationalen Vertrauenspartei, die insgesamt die Hälfte der Kandidaten ausmachten, schaffte es in die Stichwahl. Nur einige Kandidaten, die jedoch gleichzeitig auf der Liste der Reformkoalition antraten, schafften dies. Karubi hatte sich von der Reformerkoalition abgesetzt, um seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2009 vorzubereiten.

Es wäre denkbar, dass Reformer und konservative Kritiker Ahmadinedschads im neuen Parlament punktuell zusammenarbeiten, um die Regierung zu größerer Professionalität, besonders in der Wirtschaftspolitik, zu zwingen. Jedoch stehen alle Konservativen, unabhängig von ihrer Haltung zu Ahmadinedschad, dem obersten Religionsführer Ali Chamenei nahe, und ohne einen Kurswechsel von ganz oben ist nicht mit einer veränderten Haltung in der Atompolitik zu rechnen.

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