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Italien: Illegal, nicht egal

Italiens Regierung wollte Ausländer ohne Aufenthaltsstatus abschieben – nach Protesten rudert sie nun zurück

Für Ausländer ist der illegale Aufenthalt in Italien neuerdings ein Straftatbestand. Ob er nun mit einer Geldbuße zwischen 5000 und 10.000 Euro oder gleich mit der Ausweisung zu ahnden ist, wissen im Chaos der ersten Tage nicht einmal die Behörden so genau. Härte aber muss sein. So sagt es die von der rechtsextremen Lega Nord getriebene Regierung Berlusconi, denn Ausländer, illegale vor allem, seien ein Sicherheitsrisiko: Sie würden stehlen, rauben, vergewaltigen und morden.

Dass die Regierung im ideologischen Übereifer dabei war, mit ihrer Gesetzesverschärfung auch noch ein soziales Unheil anzurichten, hat sich erst später herausgestellt. Denn von den „Illegalen“ im Land – ihre Zahl wird auf eine Million geschätzt – arbeiten ungefähr 500 000 Frauen in der häuslichen Kranken-, Alten- und Familienpflege. 24 Stunden am Tag versorgen sie die verwirrte Oma, wickeln den bettlägerigen Opa, hüten die Kinder – üben also Tätigkeiten aus, die sonst keiner mehr leisten kann und mag: weder die schrumpfenden Familien noch Italiens Staat mit seinen ohnehin dürftigen Betreuungsangeboten.

Dieses Netz wollte die Regierung nun tatsächlich zerreißen? Ein Aufschrei ging durch das Land. Am lautesten erhob er sich ausgerechnet in den Hochburgen der so ausländerfeindlichen Lega Nord, in der Lombardei und in Venetien. Denn in den Familien dort arbeiten die meisten der sogenannten Badanti.

Kaum ist das Ausländergesetz verabschiedet, korrigiert es die Regierung schon wieder: Hauspflegerinnen – aber nur sie, obwohl auch die Industrie um mehr Gastarbeiter fleht – dürfen nun legalisiert werden. Das nützt allen. Den Familien sowieso, den „Badanti“ auch, weil sie aus ihrer doppelt schwarzen Beschäftigungslage – ohne Aufenthaltserlaubnis und meist auch ohne Arbeitsvertrag – zu vollen Rechten und zu einer wenigstens minimalen sozialen Sicherung finden.

Der Fiskus freut sich über neue Steuereinnahmen. Und die Finanzpolizei enttarnt so nebenbei den einen oder anderen Steuerhinterzieher. Denn wer eine Pflegekraft anmelden will, muss ein Jahreseinkommen von 20 000 Euro nachweisen. Unter den Selbstständigen aber deklarieren viele – Anwälte, Juweliere und Wirte beispielsweise – gerne geringere Beträge.

Bis zum 1. September müssen die „Badanti“ noch durchhalten, erst dann winkt die Legalisierung.

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