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Beim Ausbau der Infrastruktur müsse Deutschland nun „den Turbo einlegen“, forderte Lars Klingbeil.

© IMAGO/Chris Emil Janssen

Steuerkonzept, Tempo bei Infrastrukturausbau : So will sich die Kanzlerpartei im neuen Jahr profilieren

Mit dem Koalitionspartner FDP sind höhere Steuern kaum zu machen. Trotzdem unternehmen die Sozialdemokraten nun einen neuen Anlauf zur Reform der Finanzen.

Von Hans Monath

Die SPD will sich im neuen Jahr im Umgang mit staatlichen Finanzen wieder stärker als Gerechtigkeitspartei profilieren. Der Parteivorstand hat dafür eine Kommission eingesetzt, welche die deutsche Steuer- und Finanzpolitik auf den Prüfstand stellen soll. Dies erklärte Parteichef Lars Klingbeil am Montag zum Abschluss der Jahresauftaktklausur der Parteiführung. Zudem verabschiedete das Gremium einen ambitionierten Plan zur Beschleunigung von Infrastrukturprojekten in Deutschland.

Im Krisenjahr 2022 habe die Bundesregierung notwendige Antworten auf die durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelösten Krisen geben müssen, sagte Klingbeil im Hinblick auf die Energieentlastungspakete und das Sondervermögen für die Bundeswehr. „Das muss alles finanziert werden“, fügte er hinzu. Ziel müsse sein, „dass die enorme Unterstützung für Private und Unternehmen, die wir auf den Weg gebracht haben, keine großen Löcher in den Haushalt reißt.“

Als Ziel gab Klingbeil an: „Die Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen rücken jetzt in den Mittelpunkt.“ Dabei gehe es auch um die Prüfung, ob eine Vermögensteuer oder eine Vermögensabgabe geeignete Instrumente seien. Klingbeil wird die Kommission gemeinsam mit Ko-Parteichefin Saskia Esken leiten, die bis Sommer erste Vorschläge machen soll, über die dann der Parteitag Ende des Jahres entscheidet.

Die SPD-Pläne könnten allerdings zu Konflikten mit dem Koalitionspartner FDP führen, der sich entschieden gegen Steuererhöhungen stemmt.

200
Tage dauerte der Umbau des LNG-Terminals in Wilhelmshaven.

In dem Beschluss heißt es, es stelle sich die Frage nach einer soliden und vor allem gerechten Finanzierung wichtiger Zukunftsinvestitionen. Die Verteilung der Kosten und Gewinne der Krisenjahre sowie der gegenwärtigen Umbrüche dürfe nicht zu wachsenden sozialen Verwerfungen führen.

Über die Aufgabe der Kommission heißt es: „Wir haben vielmehr die Aufgabe und Chance, Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft auf ein gerechteres und nachhaltigeres Fundament zu stellen – und damit die Solidarität und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken.“

Schon zur Bundestagswahl 2021 hatte die SPD höhere Steuern für Vermögende und eine Umverteilung gefordert. Bei den Koalitionsverhandlungen der Ampel-Regierung hatte die FDP solche Pläne durch ein Veto verhindert, was Sozialdemokraten und Grüne im Interesse der Regierungsbildung hinnehmen mussten.

Infrastruktur-Ausbau im Turbogang

Beim Ausbau der Infrastruktur müsse Deutschland nun „den Turbo einlegen“, forderte Klingbeil. „Wenn wir wollen, dass Deutschland in fünf, zehn Jahren noch ein starkes Land ist, müssen wir eine neue ökonomische Stärke aufbauen.“ Grundlage dafür sei eine funktionierende Infrastruktur. Der Parteichef verwies auf den Ausbau eines LNG-Terminals in Wilhelmshaven in 200 Tagen im Jahr 2022 und erklärte: „Diese neue Deutschland-Geschwindigkeit brauchen wir für alle wichtigen Infrastrukturprojekte, es gibt da keine Ausreden mehr.“

Klausur mit Kanzler im Freizeitdress: Auch Olaf Scholz beriet am Sonntag und Montag mit der SPD-Spitze.

© action press/Frederic Kern

Die SPD dringt in ihrem Beschluss auf einen entschlossenen Ausbau der Infrastruktur in Deutschland in nahezu allen Bereichen. „Dafür braucht es ein Comeback der Infrastrukturpolitik des 21. Jahrhunderts“, heißt es in der Erklärung. Darin werden nötige Investitionen in den Bereichen Mobilität, Digitalisierung, Energie bis zu Bildung betont.

Die Forderungen der Kanzlerpartei zielen nicht nur auf Gesetzesänderungen in Deutschland, sondern auch auf eine Reform von EU-Regeln. Unter anderem will die SPD-Führung von der Ampel-Koalition eine „bundesweit verbindliche kommunale Wärmeplanung“ sowie einen „Masterplan“ für den Schienenausbau.

„Wir müssen zukunftsträchtige Schlüsseltechnologien zumindest zeitlich befristet stärker fördern und Zukunftsinvestitionen stark vereinfachen“, heißt es in einem Bekenntis zum Industriestandort Deutschland.

Wir müssen zukunftsträchtige Schlüsseltechnologien zumindest zeitlich befristet stärker fördern und Zukunftsinvestitionen stark vereinfachen.

Beschluss des SPD-Vorstands zur Beschleunigung von Infrastrukturprojekten

Die SPD strebt in der anstehenden Vereinfachung des Planungsbaus und Baurechts zudem eine Halbierung der Zeiten an. Zudem fordert sie Änderungen der EU-Kommission. „Wer in Europa in moderne Fabriken, Infrastruktur der Zukunft oder Spitzenforschung investieren will, muss dies schnell, unkompliziert und verlässlich tun können.

Daher machen wir uns für eine Reform des europäischen Beihilferechts mit Blick auf Zukunftsinvestitionen und unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit stark“, heißt es mit Blick auf Brüssel.

Zudem sei die Vervollständigung der Kapitalmarktunion in Europa überfällig, um Risikokapital nach Europa zu locken. Um privates Kapital für große Investitionsvorhaben zu mobilisieren, müsse es mehr längerfristige Planungssicherheit geben. „Zudem wollen wir die Einrichtung eines staatlichen Transformationsfonds prüfen.“

In ihrer Klausur hatte die SPD-Führung auch über die Verbesserung ihrer Kommunikation beraten. Viele Sozialdemokraten sind überzeugt, dass die von ihnen geführte Bundesregierung wichtige Projekte umsetzt, diese jedoch von Bürgerinnen und Bürgern nicht oder zu wenig gewürdigt werden.

Klingbeil betonte, das Thema Kommunikation sei nicht wegen der heftigen Kritik an Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) auf die Tagesordnung gesetzt worden, die zum Jahreswechsel mit einem Video-Beitrag zur Ukraine irritiert hatte. Es sei in den Beratungen darum gegangen, „dass es manchmal wahnsinnig schwierig ist, Menschen zu erreichen“, sagte der SPD-Chef: „Wir haben nicht das Verhalten von der Ministerin bewertet, wir haben nicht darüber gesprochen, wie wer was besser machen sollte.“

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