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Die designierten SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken am Abend ihrer Kür im Willy-Brandt-Haus.

© imago images/auslöser-photographie

Kein GroKo-Ende: Die SPD-Spitze sagt die Revolte wieder ab

Die designierten SPD-Chefs hatten sich als GroKo-Kritiker hervorgetan. Jetzt knicken sie ein. Im Leitantrag für den Parteitag steht nichts mehr von Nachverhandlungen.

Die SPD-Spitze bekennt sich zur großen Koalition und will auf dem Bundesparteitag in Berlin nicht über ein Aus abstimmen lassen. Der unter Mitwirkung der künftigen Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans erarbeitete Leitantrag für den am Freitag beginnenden Parteitag ist sehr moderat ausgefallen. Zunächst hatten die beiden Kritiker der großen Koalition für einen Bruch mit der „Weiter-so“-Politik geworben.

Aber nun ist nicht mehr von Nachverhandlungen mit CDU/CSU über den Koalitionsvertrag die Rede. Stattdessen sollen die 600 Delegierten die Spitze nur zu „Gesprächen“ mit der Union über vier Themenfelder beauftragen – aber ohne feste Fristen für Ergebnisse.

Gefordert werden in dem Entwurf des Leitantrags Schritte zu einem existenzsichernden Mindestlohn (und nicht mehr konkret 12 Euro, wie es Walter-Borjans/Esken wollten) sowie mehr sozialer Ausgleich beim Klimaschutz. Zudem müsse das Ziel von 65 Prozent Erneuerbarer Energien bis 2030 klar gesetzlich verankert werden.

Die von Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz verfochtene „schwarze Null“, der Haushalt ohne neue Schulden, wird nicht einkassiert – er soll als Minister weitermachen. Es werden aber stärkere Investitionen gefordert, dabei wird auf Wissenschaftler verwiesen, die einen Mehrbedarf von 450 Milliarden Euro für zehn Jahre sähen – Walter-Borjans und Esken wollten 500 Milliarden.

Stetige Investitionen dürften nicht an „dogmatischen Positionen wie Schäubles Schwarzer Null scheitern“, wird nun lediglich betont. Damit wird dieses Prinzip einfach allein Scholz’ Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) zugeschrieben – Scholz hatte dies sich zu Eigen gemacht.

AKK: Grundrente nur bei Bekenntnis zur Koalition

Es heißt: „Entscheidend ist, ob wir jetzt mit CDU und CSU die Weichen richtig stellen können – oder eben nicht.“ CSU-Chef Markus Söder warnte vor zu großen Erwartungen, es gebe „keinen Einstandsbonus und keinen Urwahlrabatt“.

Damit scheint die von manchen erwartete Revolte der neuen Führung zu verpuffen – der Leitantrag mit dem Titel „Aufbruch in die neue Zeit“ trägt eher die Handschrift des um eine Fortführung der Koalition bemühten Partei-Establishments. Die Befürworter der großen Koalition, die in der Bundestagsfraktion, in Bundesministerien und Landesregierungen sitzen, rechnen nun nicht mehr damit, dass der Bundesparteitag die Koalition sprengt.

Esken und Walter-Borjans sollen am Freitag offiziell gewählt werden. Sie hatten vor dem Erfolg beim Mitgliedervotum über Vizekanzler Scholz und Klara Geywitz erklärt, eine Weiterführung der Koalition sei nur möglich, wenn die Union auf neue Forderungen eingehe – Esken wollte sonst dem Parteitag den Ausstieg empfehlen. Davon ist keine Rede mehr, obwohl die Union alle Forderungen abblockt.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte stattdessen bei RTL/n-tv, dass auch die schon verabredete Grundrente für Hunderttausende Bürger erst dann in das parlamentarische Verfahren komme, „wenn klar ist, dass diese Koalition auch fortgesetzt wird“. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), kritisierte dies scharf: „Solche Drohungen sind unanständig gegenüber Menschen, die dringend auf die Grundrente warten.“

Der linke Flügel in der SPD wird künftig an Gewicht gewinnen: Juso-Chef Kevin Kühnert soll neuer stellvertretender Vorsitzender werden. Darauf verständigte sich die Parteilinke, wie der Tagesspiegel aus Parteikreisen erfuhr. Die Brandenburgerin Klara Geywitz soll den zweiten von künftig noch drei Stellvertreterposten bekommen. Für den weiteren Vizeposten waren zuletzt Hubertus Heil und Saarlands SPD-Chefin Anke Rehlinger im Gespräch.

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