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Zwei Vorsitzende und ein Bundestagspräsident. Ursula Heinen-Esser (CDU) und Michael Müller (SPD), der links von ihr sitzt, sollen die Endlagerkommission abwechselnd leiten. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) stattete der 33-köpfigen Kommission, die in zwei Jahren Ergebnisse liefern soll, in ihrer ersten Sitzung einen Besuch ab.

© dpa

Kommission nimmt Arbeit auf: Endlagersuche in Deutschland: Eine Ungemütliche Aufgabe

Die Endlagerkommission hat mit der Suche begonnen – zum Auftakt war viel von Vertrauen die Rede.

Das meistverwendete Wort der ersten Sitzung war Vertrauen. Am Donnerstag hat die vom Bundestag im April eingesetzte Endlagerkommission zum ersten Mal getagt. „Wollen wir den gemeinsamen Erfolg, das ist die Frage, die über allem steht“, sagte die frühere Parlamentarische Umwelt-Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser (CDU), die im Wechsel mit Michael Müller (SPD) den Vorsitz der Endlagerkommission hat.

Angesichts der jahrelangen Grabenkämpfe um den umstrittenen Salzstock Gorleben, der 30 Jahre lang zum Atomendlager hatte werden sollen, sagte Heinen-Esser: „Lassen Sie uns diese historische Chance gemeinsam wahrnehmen.“ Man brauche Grundvertrauen zueinander, die 33 Kommissionsmitglieder müssten einander zuhören. „Es gibt gemütlichere Aufgaben“, stellte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) fest, der dem Gremium einen Antrittsbesuch abstattete. Robert Habeck, schleswig-holsteinischer Umweltminister, sagte danach: „Die erste Sitzung der Kommission hat gezeigt, dass es hier eine hohe Bereitschaft gibt, die Verantwortung anzunehmen und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.“ Darauf hofft auch Lammert, der den 16 stimmberechtigten und 17 Mitgliedern ohne Stimmrecht wünschte, dass die Aufgabe, Kriterien für ein Endlager zu entwickeln, nicht ihre restliche Lebenszeit in Anspruch nehmen möge.

„Wir wissen, dass wir das Zeug nicht wegzaubern können“, stellte Michael Sailer vom Öko-Institut in der Endlagerkommission fest. Er gehört zu den acht stimmberechtigten Wissenschaftlern, die dem Gremium angehören. Zudem gehören jeweils zwei Vertreter der Wirtschaft, der Gewerkschaften, der Kirchen und der Umweltverbände dazu. Dass die in der Kommission vertretenen Landes- und Bundespolitiker sowie die beiden Vorsitzenden nicht abstimmen dürfen, bezeichnete Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) als oberste Atomaufseherin vor kurzem bei einer Grundsatzrede in der Humboldt-Universität als „demokratisch-theoretisches Neuland“. Nach monatelangem Gezerre um die Besetzung der Kommission hat der Bundestag erst am Mittwoch die zwei noch offenen Plätze für die Umweltverbände mit Klaus Brunsmeier (BUND) und Jörg Sommer (Deutsche Umweltstiftung) besetzt.

Große Verbände wie Greenpeace oder das Anti-Atomnetzwerk „Ausgestrahlt“ haben es abgelehnt, in der Endlagerkommission mitzuarbeiten. Sie kritisieren, dass Gorleben nicht von vornherein als möglicher Standort ausgeschlossen worden ist. Der Wissenschaftler Ulrich Kleemann rechnet aber damit, dass Gorleben „schon in einer frühen Phase dieses Verfahrens ausscheiden wird“. Der „Rhein-Zeitung“ sagte er, dass viele der möglichen Standorte in Norddeutschland lägen, auch wenn Gorleben herausfalle. Kleemann nannte „die Tonvorkommen in Norddeutschland, die sich von NRW über Niedersachsen bis Brandenburg erstrecken, sowie in Süddeutschland, vor allem in Baden-Württemberg“ als mögliche Lagerorte.

Der Streit über eine mögliche Bad Bank für die Atom-Altlasten von den auslaufenden Kraftwerken, ihrem Abbruch bis zur Endlagerung geht derweil weiter. Die Grünen haben in dieser Woche im Bundestag beantragt, den Atomkraftwerksbetreibern ihre Rückstellungen für die Entsorgung in Höhe von rund 37 Milliarden Euro abzunehmen und in eine öffentlich-rechtliche Stiftung zu übertragen. Dazu wären die Konzerne offenbar auch bereit, wenn der Bund die darüber hinausgehenden Risiken übernehmen würde.

Das haben alle Parteien ziemlich einhellig abgelehnt. Um diesem Plan der Konzerne doch noch näher zu kommen, soll nun nach Informationen des „Handelsblatts“ der frühere Wirtschaftsminister Werner Müller als Vermittler tätig werden. Im Jahr 2000 handelte er mit der Industrie den ersten Atomausstiegskompromiss aus. Sieben Jahre später besiegelte Müller das Ende der traditionsreichen Steinkohleförderung in Deutschland. Mit seiner Idee einer Stiftung, die sich um die bleibenden Schäden des Bergbaus kümmert, überzeugte er Gewerkschaften, Zechenbesitzer und Politik. Werner Müller sei der ideale Moderator für das brisante Thema, erfuhr das „Handelsblatt“ aus Konzernkreisen. Aus Müllers Umfeld hieß es, der gebürtige Essener stehe dafür bereit, auch wenn noch nichts beschlossen sei. Die Konzerne selbst äußerten sich am Donnerstag offiziell nicht. Auch Müller war nicht zu erreichen. (mit dpa)

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