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Der Fall Litwinenko: Kontaktmann mit Polonium verseucht

Auch der italienische Kontaktmann des vergifteten russischen Ex-Spions Alexander Litwinenko ist laut britischen Medienberichten ebenfalls mit dem radioaktiven Stoff Polonium 210 in Berührung gekommen.

London - Im Körper des Geheimdienstexperten Mario Scaramella seien "große" Mengen des Isotops nachgewiesen worden, berichtete der Fernsehsender Sky News, ohne eine Quelle zu nennen. Die britische Gesundheitsbehörde HPA bestätigte lediglich einen weiteren Verseuchungsfall. Als Drahtzieher hinter seinem Gifttod vermutet die Polizei Medienberichten zufolge Mitglieder des russischen Geheimdienstes FSB.

Tests hätten ergeben, dass "eine weitere Person", die in "direktem Kontakt" zu Litwinenko gestanden habe, mit einer "großen Menge des radioaktiven Isotops Polonium 210" belastet sei, teilte die HPA mit. Dieser neue Fall werde im Krankenhaus weiter untersucht. Laut Sky News zeigte Scaramella bislang keine Vergiftungssymptome, werde aber intensiv untersucht. Scaramella steht unter Polizeischutz und gilt den Ermittlern als wichtiger Zeuge.

Schwarze Liste des Geheimdienstes

Scaramella hatte Litwinenko am 1. November in einer Sushi-Bar in London getroffen. Seinen Angaben zufolge sprachen sie dabei über eine "schwarze Liste" der russischen Geheimdienste, auf der ihrer beider Namen aufgelistet sei. Am selben Tag wurde der 43-jährige Russe mit Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus eingeliefert. Er starb am 23. November. Pathologen begannen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen mit der Autopsie der Leiche Litwinenkos.

Einem Bericht der Zeitung "The Guardian" zufolge steht im Zentrum der Ermittlungen eine Gruppe von mindestens fünf Russen, die am 1. November ein Fußballspiel in London besucht hätten. Darunter seien auch die Kontaktleute, die der 43-Jährige am Tag seiner Erkrankung, getroffen hatte, berichtete das Blatt unter Berufung auf Behördenvertreter.

Beteiligung des russischen Geheimdienstes?

Die britische Polizei und die Geheimdienste hielten eine Beteiligung von FSB-Angehörigen für "wahrscheinlich", zitierte der "Guardian" nicht benannte Behördenvertreter. Die Täter könnten "Schurkenelemente" innerhalb des FSB oder Exmitglieder sein. Eine offizielle Beteiligung Moskaus beispielsweise in Form eines Mordauftrages schlössen die Ermittler aber eher aus. Der Schlüssel liege nach Ansicht der Polizei bei einer Gruppe von fünf oder mehr Russen, die zum Fußballspiel zwischen Arsenal London und ZSKA Moskau nach London gekommen waren. Sie flogen dem Bericht zufolge anschließend zurück nach Moskau.

Der Geschäftsmann und ehemalige KGB-Agent Andrej Lugowoi sagte der Zeitung "Kommersant", er sei mit Dmitri Kowtun und Wjatscheslaw Sokolenko wegen des Fußballspiels in London gewesen. Sie hätten mit Litwinenko am 1. November etwa 20 Minuten lang in der Lobby des Londoner Millennium-Hotels zusammengesessen und ihm ein Getränk angeboten, was dieser aber abgelehnt habe. Lugowoi bestreitet, etwas mit dem Tod des Kreml-Kritikers zu tun zu haben. Er selbst, Kowtun und Sokolenko studierten an derselben Militärakademie und arbeiteten in russischen Sicherheitsdiensten und als Leibwächter.

Litwinenkos Freund Alex Goldfarb sagte, er habe Scotland Yard Briefe übergeben, in denen der Kreml-Kritiker vor einem Mordanschlag durch den FSB gewarnt worden sei. Autor sei der inhaftierte russische Ex-Agent Michail Trepaschkin, dem Moskau Spionage für Großbritannien sowie die Weitergabe vertraulicher Informationen an Litwinenko und den russischen Milliardär Boris Beresowski vorwirft. In einer Botschaft vom 20. November habe Trepaschkin davor gewarnt, dass eine "sehr ernstzunehmende Gruppe" alle, die mit Litwinenko und Beresowski zu tun haben, "außer Gefecht setzen" solle. (tso/AFP)

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