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Die UN kamen am Freitag in New York zusammen und verabschiedeten eine Resolution zur Waffenruhe in Gaza.

© AFP/ANDREA RENAULT

Exklusiv

Zentralrat der Juden kritisiert Bundesregierung: Enthaltung bei UN-Resolution zu Gaza eine „Enttäuschung für die Juden in Deutschland“

Die Vereinten Nationen verabschiedeten am Freitag eine Resolution für eine Waffenruhe in Gaza. Israel und die USA stimmten dagegen, Deutschland enthielt sich. Josef Schuster kritisiert das als „naiv“.

| Update:

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden hat das Abstimmungsverhalten Deutschlands in der UN-Vollversammlung als „Enttäuschung für die Juden in Deutschland“ bezeichnet. Josef Schuster sagte dem Tagesspiegel am Samstag: „Es wäre die Gelegenheit gewesen, mit einer Ablehnung die mantrahaft vorgetragenen Solidaritätsbekundungen mit Israel im Gegenwind der UN-Vollversammlung zu halten.“ Deutschland hatte sich am Freitag bei einer UN-Resolution zu einer sofortigen Waffenruhe in Gaza enthalten. Israel, die USA und 12 weitere Länder hatten dagegen gestimmt. Die Terror-Organisation Hamas begrüßte die Resolution

Deutschland unterstütze mit seiner Enthaltung die „relativierende Haltung der UN gegenüber Israel“, kritisierte der Zentralratspräsident. Schuster erklärte weiter: „Wenn dies wirklich aus machtpolitischem Kalkül so entschieden wurde, wäre das höchst bedenklich und naiv. Die arabischen Staaten würden Deutschland seine unklare Haltung wohl eher als Schwäche auslegen, als sie goutieren.“ Der Präsident des Zentralrates bezeichnete es als bedenklich, dass es die westlichen Staaten nicht schafften, in der UN die einzige Demokratie im Nahen Osten zu verteidigen.

Auch Politiker von Union und FDP hatten die Bundesregierung zuvor kritisiert. Der CDU-Außenpolitikexperte Norbert Röttgen erklärte auf dem Kurznachrichtendienst X: „Eines ist jedenfalls klar: Die Begründung und die Schlussfolgerung widersprechen sich. Die Begründung hätte ein Nein Deutschlands zu dem Antrag verlangt!“ Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Müller-Rosentritt kritisierte die Enthaltung scharf: „Ich schäme mich für dieses Abstimmungsverhalten“, erklärte der FDP-Politiker.

Auch bei Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, ist der Ärger über die deutsche Enthaltung groß. Er forderte die Bundesrepublik auf, seinem Land bei den Vereinten Nationen klar den Rücken zu stärken. „Wir brauchen Deutschlands Unterstützung bei der UNO“, sagte der Diplomat in einem Grußwort zum Landesparteitag der nordrhein-westfälischen CDU in Hürth. Sich bei einer Abstimmung zu enthalten, „weil man nicht direkt sagen kann, dass Hamas für dieses grausame Massaker verantwortlich ist, ist nicht genug“, kritisierte er.

Das Papier erreichte am Freitag in New York eine notwendige Zweidrittelmehrheit. 120 Länder stimmten dafür, 14 dagegen, 45 enthielten sich, darunter auch Deutschland. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock begründete die deutsche Enthaltung damit, dass die Resolution den Hamas-Terror nicht klar beim Namen nenne. In einer Erklärung teilte Baerbock mit, dass auch die Freilassung aller Geiseln nicht deutlich genug gefordert und das Selbstverteidigungsrecht Israels nicht bekräftigt worden sei.

Kanada hatte zuvor einen Zusatz zu der Resolution eingebracht, der die „Terrorattacken der Hamas“ und die Geiselnahmen verurteilt und die sofortige und bedingungslose Freilassung der Geiseln fordert. Dieser Zusatz verfehlte aber eine notwendige Zweidrittelmehrheit. 

Israels Außenminister Eli Cohen hat die Verabschiedung einer UN-Resolution zur Verbesserung der humanitären Lage und für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen mit scharfen Worten verurteilt. „Wir lehnen den verabscheuungswürdigen Ruf der UN-Generalversammlung nach einem Waffenstillstand entschieden ab“, schrieb Cohen in der Nacht zu Samstag auf der Plattform X. „Israel beabsichtigt, die Hamas zu eliminieren.“ So sei die Welt auch mit den Nazis und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) umgegangen, schrieb er weiter. 

Hamas begrüßt Resolution der UN

Die im Gazastreifen herrschende und für den Großangriff auf Israel am 7. Oktober verantwortliche Islamistenorganisation Hamas lobte dagegen die Annahme der Resolution und forderte die UN auf, Maßnahmen zu ihrer Umsetzung zu ergreifen.

Resolutionen der UN-Vollversammlung sind allerdings nicht rechtlich bindend, sondern gelten als symbolisch. Der mächtigere UN-Sicherheitsrat, dessen Resolutionen bindend sind, war zuvor mehrfach an der Verabschiedung einer Resolution mit humanitärem Fokus zur Situation im Gazastreifen gescheitert. 

Die nun verabschiedete Resolution verurteilt unter anderem jegliche Gewalt gegen israelische und palästinensische Zivilisten, fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Zivilisten, die „illegal festgehalten“ werden, und verlangt ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Außerdem ruft der Text zu einer „sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe“ auf, die zu einer „Einstellung der Feindseligkeiten“ führen solle. 

Vor der Abstimmung hatten sich die Mitgliedsländer gespalten gezeigt. Während beispielsweise die Vertreter Ägyptens und Katars für die Annahme der Resolution warben, sprachen sich die USA deutlich dagegen aus. (dpa, Reuters)

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