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Sie haben es geschafft: Flüchtlinge aus Nordafrika im süditalienischen Salerno vor einer Woche.

© AFP

Libyen: Milizen versklaven Migranten für den Kriegsdienst

Schon die Luftschläge gegen Gaddafi machte Libyen 2011 zur Falle für afrikanische Migranten. Jetzt verheizen Libyens Milizen sie offenbar in ihrem Krieg.

Libysche Milizen missbrauchen nach Erkenntnissen von Menschenrechtlern Flüchtlinge als Hilfssoldaten. Die zwangsrekrutierten Afrikaner, vor allem Eritrer, Somalier, Äthiopier, Malier und Sudanesen,würden zum Transport von Munition, Waffen und Nachschub bis in die Feuerlinien gezwungen, berichtet die italienische Hilfsorganisation Habeshia. Viele seien verwundet oder bereits umgekommen, „in einem Krieg, den sie nicht gesucht haben und der nichts mit ihnen zu tun hat“, heißt es in einem Brief der Organisation an den UN-Flüchtlingskommissar António Guterres.

"Schlimmer als nach Gaddafis Sturz"

Der Gründer von Habeshia, der italienisch-eritreische katholische Priester Don Mussie Zerai, hilft seit Jahren Bootsflüchtlingen und hat beste direkte Kontakte zu Migranten in Nordafrika; sein Wissen nutzen auch internationale Organisationen.„In vieler Hinsicht ist die Lage für die Migranten noch dramatischer als 2011 nach der Revolution gegen Gaddafi“, heißt es im Bericht. Damals galten Menschen vom Horn von Afrika und der Subsahara, von denen viele zum Arbeiten nach Libyen gekommen waren, den Milizen als Söldner des gestürzten Diktators, wurden verfolgt und inhaftiert oder starben bei vergeblichen Fluchtversuchen übers Mittelmeer.

Menschenjagd in den Straßen von Tripolis

Die schlimmsten Verhältnisse herrschen nach Zerais Darstellung in Misrata, wo inzwischen 700 meist eritreische Flüchtlinge, Männer, Frauen und Kinder, wie in einem KZ festgehalten würden, das den Milizen als „unerschöpfliches Sklaven-Reservoir“ diene. 225 junge Leute seien von dort vor Wochen weggebracht worden, angeblich um zu arbeiten. Erst durch sieben verletzte Rückkehrer ins Lager hätten die Insassen über deren Horrorerlebnisse und den Tod mehrerer Leidensgenossen in Gefechten erfahren. Inzwischen seien im Lager weitere 61 Menschen zwangsrekrutiert worden. In der libyschen Hauptstadt Tripolis hätten Milizen während der Kämpfe dort Ende Juli und Anfang August Dutzender junger Migranten aus ihren Wohnungen heraus verschleppt oder auf den Straßen Jagd auf sie gemacht, wenn sie versuchten, in sichere Zonen zu fliehen.

Appell an die Vereinten Nationen

Habeshia appelliert im Brief an Guterres dringend an die Weltgemeinschaft, vor allem die EU und die USA, „einen oder mehrere Fluchtwege für die Migranten zu öffnen, die in Libyen festsitzen“. Leider habe ein erster Bericht über die Lage der Migranten in Libyen vor zwei Wochen keinerlei politische Reaktion ausgelöst. Mittlerweile sei „die Nutzung versklavter Flüchtlinge die Regel geworden“.

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