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Steht wegen seiner Aussage zu Homosexualität in der Kritik: Friedrich Merz

© imago images/Reichwein

„Macho“-Politik war gestern: So wird Merz nicht CDU-Chef

Ob Homosexualität oder die Arbeitsmoral in der Coronakrise – Friedrich Merz‘ Form der Konservativität ist von der Lebenswirklichkeit überholt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Friedrich Merz, wie er leibt und lebt. Es ist erstaunlich, wie er doch immer noch wieder als Kandidat für hohe und höchste politische Ämter gehandelt wird, obwohl bei ihm eines gewiss ist: Wenn man denkt, er habe verstanden, unter anderem, dass die Zeiten andere geworden sind, dann belehrt er einen eines Besseren. Oder Schlechteren, wie man‘s nimmt.

Dann nämlich haut er einen dieser Sprüche raus, die zeigen, dass er seine größere politische Zeit – eine ganz große ist es ja nicht geworden – an der Jahrtausendwende hatte. Da lebte Helmut Kohl noch. Aber selbst in diesen Jahren wären Aussagen wie die über Schwule nicht gegangen. Ja, Jens Spahn – übrigens auch konservativ – hat schon recht: Wer bei Homosexualität gleich an Rechtsfragen oder Pädophilie denkt, an den richten sich Fragen.

Wie zum Beispiel die, in welcher Welt der lebt. Antwort: nicht in der von heute. Hier wiederum hat Kevin Kühnert den Punkt getroffen. Sensible Sprache bei sensiblen Themen – das ist Friedrich Merz‘ Sache nicht. Ressentiments, die noch eher in den siebziger und achtziger Jahren der alten Bundesrepublik wurzeln als in den Neunzigern, scheinen ihm tatsächlich näher zu sein als der, sagen wir, längst aufgeklärte Umgang.

Nun verteidigt er sich wie zu erwarten damit, dass es ein konstruierter Zusammenhang sei. Dass der aber so gesehen werden kann, sagt Merz auf diese Weise auch. Und nicht konstruiert ist, dass hier ein Mensch redet, dessen Form von Konservativität überholt ist: von der Lebenswirklichkeit.

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Merz‘ ganze Äußerungen riechen nach Gestern. Seine Sicht auf die Menschen in der Coronakrise zeigt das außerdem – wie er es sagt, klingt es, als drückten die sich vor Arbeit. Sicher, ganz so sagt er es nicht, aber wie war das mit der sensiblen Sprache für sensible Themen?

Die Zeit der „Macho“-Politik ist vorbei

In den 90er Jahren bis zur Jahrtausendwende war „klare Kante“ noch ein Hit. Da kam auch Gerhard Schröder an die Regierung. Inzwischen ist Angela Merkel Kanzlerin, seit 2005, und wenn sie eines verändert hat, dann die politische Kultur. „Macho“ war gestern.

Heute ist die Sehnsucht schon, jemand möge klar für seine Ziele eintreten – aber dabei nicht gleich allen zu nahe. Ob Gegner oder Freund, sich mit allen anzulegen war noch nie ein Erfolgsrezept. Und warum soll das dann heute weise sein?

Jens Spahn kandidiert gemeinsam mit Armin Laschet für den CDU-Vorsitz.
Jens Spahn kandidiert gemeinsam mit Armin Laschet für den CDU-Vorsitz.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Zwischen Schwarz und Weiß liegt eine politische Farbpalette. Und der Wunsch, sich unbedingt von seiner Lieblingsfeindin Merkel abzuheben, nur ja nicht als farblos angesehen zu werden, darf ihn nicht zu Übersprungshandlungen provozieren. Tut er es doch, gilt der Satz: Jeder (dis–)qualifiziert sich, so gut er kann.

So wird Merz nicht CDU–Chef und Merkel–Nachfolger. Zumal es bis zum Dezember noch eine Weile hin ist. Da kann er noch mehr sagen. Laschet und Spahn wird es freuen. Deren CDU ist weiter als Merz. Und sie hat mutmaßlich die Mehrheit.

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