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Abbas

© AFP

Mahmud Abbas: Taktischer Rückzug nicht ausgeschlossen

Palästinenserpräsident Abbas könnte mit seinem Amtsverzicht versuchen, Druck auf Israel auszuüben.

Trotz der Ankündigung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, nicht mehr für dieses Amt zu kandidieren, wollen das Führungsorgan der Palästinenser, die PLO-Exekutive, und das Zentralkomitee der Fatah-Bewegung ihn halten. Sie wandten sich am Donnerstag gegen seine Rücktrittsabsicht. Abbas hat dem Zentralkomitee seiner Fatah-Bewegung die Absicht mitgeteilt, sich nicht an den von ihm auf den 24. Januar 2010 angesetzten Präsidentschaftswahlen zu beteiligen, also auf eine Wiederwahl zu verzichten: „Sucht einen neuen Kandidaten, ich werde nicht kandidieren.“

Doch dieser Erklärung folgte keine offizielle Ankündigung an der PLO-Exekutivsitzung und über den Zeitpunkt einer „dramatischen Rede“, die er angeblich am Donnerstagnachmittag halten sollte, herrscht allgemeine Verunsicherung. Offensichtlich hat der Wunsch der PLO-Führung, er möge ihre einhellige Unterstützung berücksichtigen, Abbas zögern lassen.

Abbas begründete seine Rücktrittsabsichten mit seiner herben Enttäuschung über die Haltung der US-Regierung zur israelischen Siedlungspolitik. Nachdem der amerikanische Präsident von Israel einen totalen Siedlungsstopp gefordert hatte – wozu Israel im Rahmen der „Roadmap“ des Nahostquartetts verpflichtet wäre – hatte Abbas seinerseits diese Forderung als ultimative Vorbedingung zur Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Israel übernommen. Doch dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gelang es, die amerikanische Haltung aufzuweichen. Nach der neuesten Übereinkunft mit den USA soll es zwar eine angeblich „erhebliche Einschränkung“ der Siedlungsaktivitäten geben, doch keinen umfassenden Stopp. Insbesondere im annektierten Ost-Jerusalem hat Israel in der letzten Zeit Siedlungsarbeiten intensiviert und neue Projekte begonnen. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte sich nun auf ihrer ersten Nahostreise nicht nur zufrieden, sondern gar erfreut über die mit Israel ausgehandelte Übereinkunft.

Abbas sei darüber „zerbrochen“, erklärte ein hoher Fatah-Politiker dazu. Er sei ebenso enttäuscht über das Fehlen jeglicher Flexibilität und Kompromissbereitschaft auf Seiten Israels und der radikalislamischen Hamas, aber auch über den Mangel an Unterstützung durch wichtige arabische Staaten.

In Ramallah und Jerusalem herrscht allerdings die Meinung vor, Abbas versuche nur die US-Regierung zu mehr Druck auf Israel zu veranlassen. Spekuliert wird auch über die Möglichkeit, dass Abbas die Wahlen absagen oder verschieben und ungestört bis zum Wahltermin weiterregieren will. In den letzten Wochen hat er seinen Vorsprung in den Meinungsumfragen durch Fehlentscheidungen eingebüßt. Er könnte die Zeit nützen, so heißt es, um auf eine internationale Nahostkonferenz hinzuarbeiten, bei der die USA sich gezwungen sähen, sich der Meinung der EU, Russlands und anderer Staaten anzuschließen, mittels Druck Israel zum Siedlungsstopp und zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zu zwingen.

Seit Abbas Rücktrittsabsichten bekannt geworden sind, strömen palästinensische Politiker ins Präsidentenamt. Sie alle, wie auch per Telefon Jordaniens König Abdullah, Israels Staatspräsident Schimon Peres und Verteidigungsminister Ehud Barak, versuchten Abbas umzustimmen. Bei der Fatah hat man die zusätzliche Sorge, dass kein „realistischer Kandidat“ für die palästinensische säkular-nationalistische Bewegung in Sicht ist – abgesehen von Marwan Barghouthi, dem ehemaligen Intifada-Führer, der nach wie vor im israelischen Gefängnis einsitzt. Yasser Abed Rabbo, Sekretär der PLO-Exekutive, erklärte denn auch ironisch, dass wenn Mahmud Abbas nicht kandidieren wolle, es eben Abu Masen – so Abbas’ Kampfname – tun müsse.

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