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Menschenrechte: Russland und Türkei stehen bei der EU am Pranger

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte droht unter einer Flut von Klagen zu ersticken. Allein gegen Deutschland sind 2500 Fälle gelistet. Besonders unangenehem fällt die Statistik jedoch für zwei Länder aus.

Laut Jean-Paul Costa, dem Präsidenten des Gerichts, wurden im vergangenen Jahr 41.700 neue Beschwerden registriert. Damit sei die Zahl der anhängigen Fälle gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent auf über 79.400 Fälle angestiegen. Costa bedauerte, dass Russland weiterhin eine Reform blockiere, die die Arbeit des Gerichts effizienter und schneller machen soll. Die russische Duma weigere sich nach wie vor, das betreffende Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu ratifizieren.

Nach der Bilanz für das Jahr 2007 ist Russland mit rund 20.300 anhängigen Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen das schwarze Schaf unter den 47 Europaratsländern. Rund 200 davon betreffen das russische Vorgehen in Tschetschenien. An zweiter Stelle steht die Türkei, gegen die 9150 Beschwerden vorliegen - darunter die Klage des minderjährigen Deutschen Marco W. wegen seiner langen Untersuchungshaft in Antalya.

Sieben Urteile gegen Deutschland

Den Angaben zufolge fällte der Gerichtshof 2007 insgesamt 1503 Urteile. In 1349 Fällen wurden Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention festgestellt. Am häufigsten - 319 Mal - verurteilten die Richter wie bereits in den Vorjahren die Türkei. Russland steht mit 175 Verurteilungen an zweiter Stelle, gefolgt von der Ukraine (108) und Polen (101). Deutschland wurde insgesamt sieben Mal verurteilt, unter anderem wegen eines seit über 30 Jahren andauernden Rechtsstreits um den Bau eines Einkaufszentrum in Saarbrücken.

Derzeit sind gegen Deutschland bei dem Straßburger Gericht rund 2500 Fälle anhängig. Eine Klage wurde vom Kindesmörder Magnus Gäfgen eingereicht, der im September 2002 den Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und getötet hatte. Er beschwert sich über angedrohte Folter während eines Verhörs. In diesem Fall ist nach Angaben einer Sprecherin demnächst eine Anhörung geplant.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit seinen rund 600 Mitarbeitern wird aus dem Haushalt des Europarats finanziert, zu dessen Institutionen er gehört. Für das laufende Jahr stehen dem Gericht rund 53 Millionen Euro zur Verfügung - etwa vier Prozent mehr als im Vorjahr. (ho/AFP)

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