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Papst Franzikus zu Gast bei Myanmars De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi.

© Max Rossi/Reuters

Papst-Besuch in Myanmar: Mission nicht erfüllt

Papst Franziskus nennt die Rohingya bei seinem Besuch nicht beim Namen. Das ist ein Fehler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Am Anfang war das Wort. Kaum ein Satz in der Bibel, der bedeutsamer und folgenreicher ist. Doch was ist, wenn ein, wenn DAS Wort fehlt? Dann kann man das Diplomatie nennen. Und richtig finden. Oder zutiefst falsch.

Bei seinem Besuch in Myanmar hat Papst Franziskus zur "Achtung jeder Volksgruppe und ihrer Identität" aufgerufen – ohne die muslimische Minderheit der Rohingya beim Namen zu nennen. Er hat es unterlassen, weil ihm das seine Kirche vor Ort – auch eine Minderheit – geraten hatte. Die Verwendung dieses einen Wortes könnte die religiösen Spannungen im Land noch verstärken, so ihre Sorge. Denn die staatenlosen Rohingya werden in dem südostasiatischen Land als illegale Einwanderer aus Bangladesch angesehen, obwohl viele von ihnen seit Generationen in Myanmar leben. Die Regierung bestreitet, dass es religiöse oder ethnische Diskriminierung und Verfolgung gibt.

Der Papst hat also aus Rücksicht auch auf seine Gläubigen diplomatisch gehandelt. Und genau da liegt der Fehler. Gerade die katholische Kirche sollte nicht diplomatisch schweigen, wo schwerste Menschenrechtsverletzungen geschehen. Das lehrt die Geschichte. Sie muss die Dinge beim Namen nennen. Weil die schlimmsten Verbrechen dann passieren, wenn die Welt, allen voran ihre moralischen Autoritäten, sie nicht klar benennen – und die Täter damit nicht an den öffentlichen Pranger stellen.

Die UN haben das militärische Vorgehen gegen die Rohingya als „Paradebeispiel für ethnische Säuberungen“ bezeichnet. Es wird gefoltert, gemordet, vergewaltigt, mit dem Ziel, die muslimische Volksgruppe aus dem mehrheitlich buddhistischen Land zu vertreiben. Mehr als eine halbe Million Rohingya sind bereits nach Bangladesch geflohen, Tausende sind tot. Die Lage ist katastrophal – so katastrophal, dass sich Franziskus seine Reise nicht hat ausreden lassen. Er ist der erste Papst in Myanmar, ein wichtiges Zeichen. Aber am Ende hat er seine zugegebenermaßen heikle Mission nicht erfüllt.

Die schärfste Waffe des Oberhaupts der Katholiken ist das Wort. Er kann Hoffnung spenden – und enttäuschen. Die Schwere der Menschenrechtsverletzungen in Myanmar ist dem Papst nicht verborgen geblieben: Bereits im August hat Franziskus die Verfolgung "unserer Rohingya-Brüder und -Schwestern" beklagt. Er weiß es.

Seine Verteidiger werden sagen, dass er das offensichtliche Dilemma mit Bravour gemeistert habe. Der Papst habe klar die Einhaltung der Menschenrechte und die Achtung des Rechtsstaats angemahnt, ohne die Führung um De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi zu düpieren – und damit die verzweifelte Lage der Menschen noch zu verschlimmern.

Mag sein, dass das stimmt. Wenn es das Ziel war, die Situation nicht weiter zu verschlechtern, dann kann seine Reise nach Südostasien ein Erfolg werden. Aber dieses Ziel wäre doch wenig ambitioniert für einen, der sich Stellvertreter Christi auf Erden nennen lässt.

Gerade wegen seiner moralischen Autorität hätte der oberste Hirte von mehr als einer Milliarde Menschen mutiger sein müssen. Die Worte von Päpsten haben die Kraft, die Welt zu verändern. In Myanmar werden sie es leider nicht tun.

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