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Edward Snowden

© dpa

Prism-Enthüller Edward Snowden: Mit moralischem Kompass

Der 29-jährige Edward Snowden hat in den Medien Informationen über den massenhaften Zugriff von US-Geheimdiensten auf Internet-Daten enthüllt. Wer ist dieser Mann?

Weiß der 29-Jährige, was er tut, mit wem er sich anlegt und welchen Preis er womöglich bezahlen muss? Auf den ersten Blick ist Edward Joseph Snowden, der das US-Datenabschöpfungsprogramm „Prism“ enthüllt hat, von anderem Kaliber als der milchbärtige Bradley Manning, der durch die Weitergabe der Wikileaks-Dokumente berühmt wurde, aber seit Prozessbeginn wegen Geheimnisverrat wie ein Häufchen Elend wirkt. Was „Ed“ Snowden über seine Motive und sein Vorgehen vor laufender Kamera in einem Hotelzimmer in Hongkong berichtet, klingt wohlüberlegt.

Er hatte demnach jahrelang als Systemtechniker Einblick in die Arbeit der Geheimdienste. Den Datensammeltrieb bewertet er als überzogen und mutmaßlich illegal. Seinen Coup hat er vorbereitet und sich unter dem Vorwand einer medizinischen Behandlung rechtzeitig abgesetzt. „Mein einziges Motiv ist, die Bürger aufzuklären, was der Staat in ihrem Namen gegen sie unternimmt.“ Das klingt nach moralischem Kompass. „Ich werde mich nicht verstecken.“ Und: „Es liegt nicht im öffentlichen Interesse, der Regierung zu erlauben, dass sie Menschen, die Fehlverhalten enthüllen, mit Drohungen und Racheakten einschüchtert.“

Andererseits kennt die Welt bisher nur seine Version. Insider der Geheimdienstszene warnen, manche Details klängen nicht glaubwürdig. Snowden sagt, er habe nicht einmal einen High-School-Abschluss, sei von der CIA aber bei Auslandsmissionen eingesetzt worden. Das nennen Experten „extrem ungewöhnlich“. Und wieso hatte ein externer technischer Betreuer des Computersystems Zugang zu so vielen geheimen Inhalten?

In den USA ist viel Ungewöhnliches geschehen, als das Land auf den Terrorangriff vom 11. September 2001 reagieren musste und ohne große Planung seine Terrorabwehr ausbaute. Früher galt bei den Geheimdiensten der Grundsatz „Need to know“: Die Mitarbeiter erhielten nur die Informationen, die sie für die Erledigung ihrer Aufgabe benötigten. So wollte man verhindern, dass zu viele Leute zu viel wissen und die Gefahr des Geheimnisverrats zunimmt. Bei der Untersuchung der Ursachen von 9/11 stellte sich jedoch heraus, dass es Hinweise auf die Attentäter gegeben hatte – bei unterschiedlichen Abteilungen. Unzureichende Koordination wurde als Problem erkannt. Das Muster wiederholte sich in den Folgejahren, zuletzt beim „Unterhosenbomber“ Abdulmutallab, der an Weihnachten 2009 Plastiksprengstoff an Bord eines US-Flugzeugs von Amsterdam nach Detroit schmuggelte. Der Zünder versagte. Auch da hatte es Warnungen gegeben, die aber nicht gebündelt wurden. Deswegen haben die Dienste das Prinzip „Need to know“ durch „Need to share“ ersetzt: Informationen werden mit allen geteilt, die sie zur Terrorabwehr nutzen können. Die Zahl der „Leaks“, also des Geheimnisverrats, hat sich seither vervielfacht.

Was Snowden über sich erzählt, mag stimmen – oder wird bald korrigiert: Er stamme aus North Carolina, habe sich 2003 zum Militär gemeldet, um im Irak zu kämpfen, wurde nach einem Beinbruch im Training entlassen und bekam einen Job als Wachmann in einer Geheimdienstfiliale in Maryland. Von dort ging es in Diensten der CIA in die Schweiz und nach Japan und zuletzt als Angestellter der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton in eine Filiale der Dienste in Hawaii. Ed Snowden sucht jetzt „Asyl in einem Land, das an die Redefreiheit glaubt und den Datenschutz nicht opfert“. Vielleicht war es nicht so klug, sich in Hongkong zu outen. Die Stadt gehört zwar zu China, hat aber ein Auslieferungsabkommen mit den USA.

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