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Politik: Müntefering: Lohndumping per Gesetz verhindern

Der SPD-Chef will einen Mindestlohn festschreiben und damit die Hartz-Reform entschärfen / Gewerkschaften skeptisch

Berlin - Mit Skepsis und Ablehnung haben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Industriegewerkschaft Metall auf den Vorschlag des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering reagiert, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. DGB-Chef Michael Sommer äußerte im Gespräch mit dem Tagesspiegel Zweifel an der Durchsetzbarkeit und verlangte statt dessen erneut Korrekturen an den Arbeitsmarktreformen. IG Metall-Chef Jürgen Peters sagte dem „Handelsblatt“, die Lohnpolitik müsse den Tarifparteien vorbehalten bleiben. „Wir stehen einem gesetzlichen Mindestlohn skeptisch gegenüber. Die Erfahrungen der Geschichte haben uns gelehrt, die Finger davon zu lassen.“

Müntefering hatte am Sonntag im Deutschlandfunk gesetzliche Mindestlöhne ins Gespräch gebracht, mit denen Dumpinglöhne verhindert werden sollten. Darüber hinaus würden Mindestlöhne die Möglichkeit bieten, die von den Gewerkschaften kritisierten Zumutbarkeitsregeln bei den Arbeitsmarktreformen zu entschärfen, sagte Müntefering. Nach den Hartz-Gesetzen können Langzeitarbeitslose zur Annahme einer Beschäftigung gezwungen werden, die bis zu 30 Prozent unter dem ortsüblichen Lohnniveau bezahlt wird.

Sommer beharrte dagegen auf einer Lockerung der Zumutbarkeitsregeln. „Wer glaubt, die Union würde im Bundesrat freudig erregt einem anständigen Mindestlohn zustimmen, täuscht sich. Deswegen lassen wir SPD und Grüne nicht aus der Klammer, was die Zumutbarkeit angeht. Wir müssen dafür sorgen, dass die Zumutbarkeit einer anzunehmenden Arbeit sich wieder an den tariflichen und ortsüblichen Löhnen orientiert.“ Weitere Korrekturen an den Hartz-Gesetzen hält Sommer für möglich, obwohl Bundeskanzler Gerhard Schröder dies wiederholt ausgeschlossen hatte. „Wer einmal aufmacht, hat aufgemacht“, sagte der DGB-Vorsitzenden mit Blick auf die bisherigen Nachbesserungen.

Unterstützung erhielt Müntefering von der stellvertretenden Vorsitzenden der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Margret Mönig-Raane. „Mindestlöhne können ein Beitrag zur Stabilisierung der unteren Einkommensverhältnisse sein, die durch die Zumutbarkeitsregeln bei Hartz IV stark verschlechtert werden“, sagte sie dem Tagesspiegel. Die Bedenken der Industriegewerkschaften könnten ausgeräumt werden.

Unterdessen übt der frühere Berater der sozialdemokratischen Kanzler Brandt und Schmidt, Albrecht Müller, Fundamentalkritik an Schröders Reformkurs. In einem offenen Brief an den Bundeskanzler schreibt Müller im Tagesspiegel, die Reformen würden sich gegen die Mehrheit und vor allem gegen die Schwächeren in der Gesellschaft wenden. Sie beschädigten die Sozialstaatlichkeit Deutschlands und lösten „unser dringendstes Problem, den Menschen Arbeit und den Unternehmen Aufträge zu verschaffen, nicht“.

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