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Wo viele Menschen sind, fühlt sich das Virus wohl. Absagen von Großveranstaltungen sind konsequent.

© Foto: Kimimasa Mayama/epa/dpa

Nach Absagen wegen des Coronavirus: Wofür der Staat zahlen muss, ist unklar

Das Infektionsschutzgesetz ist nicht deutlich und lässt Lücken- das Justizministerium soll jetzt nacharbeiten

Die Verbreitung des Virus bringt Veranstalter ebenso in Bedrängnis wie Produzenten oder Lieferanten. Was gilt, wenn Zusagen Die nicht mehr eingehalten werden können? Zu Verunsicherung tragen Aussagen der Regierung bei, wonach im Infektionsschutzgesetz (IfSG) Haftungsfragen unklar seien. An Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) erging der Auftrag, klare Richtlinien auszuarbeiten.

Es gehe um „komplizierte rechtliche Fragen“, heißt es dazu aus dem Ministerium. Sie würden derzeit im Ressortkreis erörtert.

Klare Ansagen werden zunehmend nötig. Denn ein Zweck des IfSG ist , die Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern. Die Absage von Großveranstaltungen trifft Beteiligte wirtschaftlich hart. Ein Bundesligaverein mag Verluste auffangen können. Für Gastronomen oder Messebauer wird der Zustand existenzbedrohend. Andererseits sind Absagen ein effektives Mittel, bislang noch nicht Infizierte vor dem Virus zu schützen. Staatliche Schutzpflichten geraten damit in Konflikt mit den Interessen Privater an ihren Geschäften.

Bei der Entschädigung wird das Gesetz schmallipig

Haftet also der Staat? Das IfSG verleiht Behörden weitreichende Befugnisse, um „notwendige Maßnahmen“ zur Gefahrenabwehr zu ergreifen. Zu den erlaubten „Schutzmaßnahmen“ gehört ausdrücklich, „Ansammlungen einer größeren Zahl von Menschen“ zu beschränken oder zu verbieten. Ebenso können Personen unter Beobachtung oder unter Quarantäne gestellt werden.

Betreffend die „Entschädigung bei behördlichen Maßnahmen“, die in Paragraf 65 IfSG geregelt ist, wird das Gesetz dann schmallippig. Es bezieht sich ausdrücklich nur auf einen Ausgleich, wenn mit Krankheitserregern behaftete Gegenstände vernichtet werden müssen.

Allerdings ist dort auch die Rede von einer Entschädigung „für andere nicht nur unwesentliche Vermögensnachteile“. Auch solche, die durch die Anordnung von behördlichen „Schutzmaßnahmen“ entstehen? Darüber sind sich Juristen und Behördenvertreter uneins. Darin mag auch eine der Ursachen liegen, weshalb manche Ämter zurückhaltend agieren. Mit solchen Eingriffen verbundene Maßnahmen müssen zudem stets verhältnismäßig sein. Ein zu schnelles und damit im Ergebnis rechtlich fragwürdiges Verbot könnte Forderungen gegenüber Ländern und Kommunen auslösen.

Manchmal kommt es auf das Kleingedruckte an

Sollte es kein einheitliches Vorgehen geben, bleibt Betroffenen nur der Rückgriff auf zivilrechtliche Ansprüche nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Hier gilt: Verträge sind einzuhalten. Wer die Lieferung von Waren bestellt oder Dienstleistungen beauftragt hat, muss sie prinzipiell auch abnehmen. Umgekehrt schuldet der Auftraggeber die Zahlung.

Allerdings kommt es hier auf individuelle Abreden an. In Alltagsgeschäften spielt das „Kleingedruckte“ eine Rolle, die Geschäftsbedingungen. Bei der Absage eines Fußballspiels sind Ticketinhaber damit oft gut bedient. Vielfach erstatten die Clubs den Kaufpreis oder entschädigen Fans mit Dauerkarten für Teilverlust. Führen die Klauseln zum einseitigen Ausschluss der Leistungspflicht, dürften sie unwirksam sein. Das BGB verbiete unangemessene Benachteiligungen für eine Vertragspartei.

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