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Der spanische Noch-Premier Mariano Rajoy (links) feiert das Wahlergebnis.

© dpa

Nach der Wahl in Spanien: Im Brexit-Schock setzen die Spanier auf Sicherheit

Das Brexit-Votum der Briten hat auch die Neuwahl in Spanien beeinflusst. Profitiert davon hat Ministerpräsident Rajoy. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralph Schulze

Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy jubelte nach seinem überraschenden Erfolg in der Parlamentsneuwahl. Aber es ist ein bitterer Sieg, denn Rajoy hat weiterhin keine ausreichende Mehrheit, um zu regieren.

Rajoy ist der einsamste Wahlsieger, den Spanien je hatte. Denn im Parlament hat er die gesamte Opposition gegen sich. Freilich eine derart zerstrittene Opposition, dass sie nicht in der Lage ist, Rajoy von der Macht zu vertreiben.

Der erhoffte Befreiungsschlag war diese Neuwahl sicherlich nicht. Dabei hatten die Spanier wie die Europäer gehofft, dass die politische Hängepartie im Euro-Krisenland Spanien, das dringend neue Reformen braucht, schnell zu Ende ist. Danach sieht es zunächst nicht aus. Klar scheint nach dieser Wahlnacht nur, dass der 61-jährige Konservative, der berühmt dafür ist, einen langen Atem zu haben, als Einziger gestärkt aus diesem Kräftemessen an den Urnen hervorging.

Rajoy konnte seine Macht ausbauen

Rajoy schaffte es erstaunlicherweise – trotz massiver Korruptionsvorwürfe an die Adresse seiner konservativen Partei – seine parlamentarische Macht auszubauen. Mit dieser Taktik des gnadenlosen Aussitzens will er nun wohl in den nächsten Monaten auch die Opposition weichkochen. Vielleicht gelingt es ihm sogar, dass diese eine konservative Minderheitsregierung zumindest toleriert.

Diese Strategie könnte sogar aufgehen. Denn Spaniens Linke, die auf einen politischen Wandel gehofft hatte, geht geschwächt aus dem Wahlgang hervor. Es war eine Schicksalswahl, die unter dem Eindruck des britischen Brexit-Referendums stattfand. Ganz offenbar war die Angst vieler spanischer Bürger vor der Ungewissheit eines Neuanfangs größer als die Lust auf linke Experimente.

Podemos-Chef Iglesias hat sich verzockt

Zudem hatte der Dauerstreit zwischen der linksalternativen Protestbewegung Unidos Podemos und den Sozialisten, die sich gegenseitig bis aufs Messer bekämpfen statt zusammenzuarbeiten, offensichtlich nicht gerade für Illusion bei den Bürgern gesorgt. Die Oppositionsparteien haben es nicht geschafft, sich als stabile Regierungsalternative zu empfehlen.

Vor allem für den linken Rebellen Pablo Iglesias, der die Protestallianz Podemos Unidos anführte, ist das Ergebnis ein empfindlicher Dämpfer. Iglesias konnte zwar im Gegensatz zu den Sozialisten seine parlamentarische Stärke halten. Aber der Politologe, der sich als Rächer der sozial Benachteiligten sieht, hatte schon davon geträumt, Regierungschef zu werden – und deswegen im Königreich der Massenarbeitslosigkeit mit dem Feuer gespielt und auf Neuwahl gesetzt.

Der Schock über den Brexit sitzt tief

Ganz offensichtlich hat sich Iglesias bei diesem Pokerspiel verzockt. Seine Vision, dass Spanien künftig an der Seite Griechenlands gegen die Austeritätspolitik Brüssels kämpfen und der Europäischen Union die Zähne zeigen würde, verschreckte mehr, als dass sie neue Wähler mobilisierte.

Vor dem Brexit konnte über griechische Verhältnisse in Spanien spekuliert werden. Doch der Schock über das britische Votum sitzt auch hier tief. Eine Mehrheit wollte daher die Unsicherheitstendenzen nicht noch verstärken.

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