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Die Bundesärztekammer forder Rechtssicherheit beim Thema Beschneidung.

© dpa

Nach Kölner Urteil: Ärzte fordern Eile bei Beschneidungsgesetz

Die Bundesärztekammer fordert von der Regierung in der Frage religiöser Beschneidungen schnelles Handeln. Auch der Zentralrat der Juden drängt die Politik zur Eile.

Die Bundesärztekammer hat die Regierung in der Frage religiös begründeter Beschneidungen zu schnellem Handeln aufgefordert. Das Urteil des Kölner Landgerichts habe nicht Rechtsfrieden geschaffen, sondern „das Gegenteil davon, nämlich große Rechtsunsicherheit“, sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery dem Tagesspiegel. Deshalb sei eine schnelle und klare rechtliche Feststellung durch Bundesverfassungsgericht oder Politik wünschenswert.

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, drängt die Politik zur Eile. Er habe Kanzlerin Angela Merkel, alle Fraktionschefs im Bundestag und die Ministerpräsidenten per Brief eindringlich gebeten, direkt nach der Sommerpause ein Gesetz auf den Weg zu bringen, sagte Graumann dem „Focus“. Falls es bei der Rechtsauffassung eines Kölner Gerichts bleibe, sei jüdisches Leben in Deutschland bedroht. „Dann müssten wir gehen“, sagte Graumann.

Die Kölner Richter hatten die Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen als strafbare Körperverletzung gewertet. Nach heftigen Protesten hatte die Bundesregierung angekündigt, den religiösen Brauch zu legalisieren. Allerdings blieb zunächst offen, wie eine rechtliche Klarstellung konkret aussehen kann.

Gesundheitsminister Bahr: Beschneidung muss straffrei bleiben

Gesundheitsminister Daniel Bahr erwägt, das Recht auf religiös motivierte Beschneidungen im neuen Patientenrechtegesetz zu verankern. Jedoch sei noch ungeklärt, „ob dieser Weg rechtlich überhaupt gangbar ist“, sagte der FDP-Politiker der „Welt“. Er betonte, dass die Beschneidung bei Juden und Muslimen als Ausdruck religiöser Selbstbestimmung straffrei bleiben müsse. „Für mich ist die freie Ausübung der Religion ein ganz hohes Gut. Deshalb ist die Unsicherheit nach dem Gerichtsurteil schnellstens abzubauen.“

Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), stellte eine rasche Lösung in Aussicht. Die Religionsfreiheit in Deutschland sei ein hohes Gut. „Die jüdischen und muslimischen Menschen müssen ihren Glauben leben können“, sagte Böhmer der „Passauer Neuen Presse“. Bei Juden und Muslimen gebe es nach dem Urteil „große Verunsicherung“. Es müsse „in dieser Frage zügig Rechtssicherheit“ geschaffen werden.

„Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir das Urteil für sehr kulturunsensibel und falsch halten“, sagte Montgomery. Gleichwohl müsse man momentan jedem Mediziner davon abraten, Beschneidungen vorzunehmen. Wer es dennoch tue, laufe Gefahr, strafrechtlich belangt zu werden. „Deshalb begrüßen wir, dass sich die Politik der Sache annimmt, damit diese Kinder nicht irgendwelchen Barbieren oder angelernten Hilfskräften unter die Hände kommen.“ Ob rituelle Beschneidungen über das Patientenrechtegesetz geregelt werden können, ließ Montgomery offen. Das müssten Juristen beurteilen, sagte er. „Aber wenn man die Sache auf diese Weise rechtsfest machen könnte, würden wir uns nicht dagegen sträuben.“

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