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Politik: Nachbarschaftshilfe

In Istanbul suchen sechs Staaten der Region einen Ausweg aus der Irak-Krise – mehr als ein Appell an Bagdad kommt nicht zu Stande

Von Susanne Güsten

und Bernd Ulrich, Istanbul

Erleichterung machte sich in der türkischen Diplomatie breit, als die Schlacht mit knapper Not gewonnen war. Erst nach 13-stündigem Verhandlungsmarathon gelang es den Gastgebern der Irak-Konferenz in Istanbul, sich mit fünf anderen Regionalmächten auf eine gemeinsame Haltung im Irak-Konflikt zu einigen. Sehr schwierig sei es gewesen, gab am Freitag ein türkischer Diplomat zu, der sichtlich froh war, dass alles hinter ihm lag. Trotz allen Ringens kam bei der Konferenz nicht mehr heraus als ein Appell an den Irak, besser mit den UN zusammenzuarbeiten – nicht gerade ein revolutionärer Fingerzeig auf einen Ausweg aus der Krise.

Weil die Istanbuler Initiative dennoch die letzte Chance bieten dürfte, einen Krieg noch zu verhindern, kam auch Bundesaußenminister Joschka Fischer auf seiner Friedensmission durch die Region zuerst nach Istanbul, bevor er am Freitag nach Ägypten und Jordanien weiterreiste: Deutschland und die anderen USA-Skeptiker in Europa sind am Ende ihres Lateins, deshalb sollen es nun die Staaten in der Region richten. Es ist eine recht seltsame Allianz, die bei der Konferenz am Bosporus geschmiedet wurde. Die Türkei, Iran, Ägypten, Jordanien, Syrien und Saudi-Arabien – sechs Staaten also, die sich sonst nicht besonders grün sind – taten sich zusammen, um die irakische Regierung zur Einhaltung der UN-Resolutionen aufzurufen. Nur der UN-Sicherheitsrat könne über den weiteren Umgang mit dem Irak entscheiden, betonte die Istanbuler Schlusserklärung deshalb; einen US-Angriff im Alleingang lehnten die Regionalmächte damit ab. Zu weiter gehenden Initiativen reichten ihre Gemeinsamkeiten nicht.

Trotz des dünnen Ergebnisses gratulierte Fischer seinem türkischen Amtskollegen Yasar Yakis zu der „starken Botschaft“ an das Regime in Bagdad. Auch Berlin ist gegen den Krieg, weiß aber mangels Einfluss auf die USA oder den Irak nicht so recht, wie ein militärischer Konflikt noch abgewendet werden kann. Deshalb setzt Fischer seine Hoffnungen jetzt in die Fähigkeit der Nachbarstaaten des Irak, zu Bagdads Staatschef Saddam Hussein vorzudringen. Auch Europa werde von einem Krieg in der unmittelbaren Nachbarregion betroffen sein, sagte Fischer dem türkischen Ministerpräsidenten Abdullah Gül. Viel Hoffnung, den Krieg noch zu verhindern, hatten die Teilnehmer der Istanbuler Initiative aber nicht. In dieser Hinsicht gebe es „keine Illusionen“, sagte der Abgesandte eines arabischen Landes.

Deshalb blicken die Staaten in der Region schon jetzt immer mehr auf die Zeit nach einer Entmachtung Saddam Husseins, in der die eigentlichen Probleme für sie erst beginnen dürften. Ein Zerfall des Irak könnte einen Dominoeffekt in der ganzen Region auslösen. Die in Istanbul vertretenen Regierungen sind deshalb der Meinung, dass die USA mit ihrer Kriegsplanung zu kurz greifen, weil sie die Zeit nach dem militärischen Konflikt nicht genügend berücksichtigen.

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