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Sigmar Gabriel, SPD-Chef und Vize-Kanzler

© dpa

SPD nach der Klausurtagung: Nichts ist abgeschlossen

Die Klausurtagung der Sozialdemokraten zeigt ihre Probleme – auch mit sich. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Unruhige Zeiten sind das für die SPD, vor allem aber für einen: Sigmar Gabriel. Und das liegt mit an einem – Sigmar Gabriel. Auch das ist nach der Klausurtagung hinter geschlossenen Türen öffentlich.

Natürlich, wenn er seinen politischen Instinkten folgt, wirkt er am stärksten. Am authentischsten, heißt das. Als Gabriel zu den Pegida-Anhängern ging, um zuzuhören, meinte es der SPD-Chef so, wie er es sagte: Man muss doch wissen, was die da reden. Dahinter steht die Überlegung, dass Quarantäne vielleicht bei ansteckenden Krankheiten hilft, aber selten in der Politik. Selbst in heißesten Zeiten des Kalten Krieges sprachen Verantwortliche beider Seiten miteinander. Dumm nur, dass es dem zu widersprechen schien, was Generalsekretärin Yasmin Fahimi vorher gesagt hatte; außer, man erklärt es rabulistisch.

Wem wird es angekreidet? Dem Chef

Damit hätten wir den einen Punkt, der Unruhe in die Partei trägt: Der Chef steuert die von ihm ausgesuchte Generalsekretärin aus. Das ist in der Außenwirkung sowieso unglücklich, nach innen schwächt es die Position von Fahimi aber noch einmal – weil nämlich viele Genossen ohnedies denken, dass sie auf dem Posten nicht ganz richtig ist. Aber wie das so ist, die falsche Auswahl wird wem angekreidet? Genau, dem Chef.
Der nächste Punkt ist einer, der seine Wirkung nach innen wie nach außen erst noch entfalten wird. Und zwar, wie hart Gabriel den Abgeordneten Michael Hartmann angegangen ist, der die Aussage im Edathy-Untersuchungsausschuss verweigert. Warum das, warum so? Mal abgesehen davon, ob das geschickt ist oder für Hartmann rechtlich notwendig, oder nicht. Wusste die SPD-Führung nichts davon, keiner? Wenn keiner etwas wusste: nicht gut. Wenn einer etwas wusste und Gabriel doch so redet: auch nicht gut.

Und weiter. Die SPD kommt ungeachtet aller sachbezogenen Arbeit nicht aus dem Umfrageloch. Lange hält sie das schon aus, aber es nähert sich der Punkt, da die Genossen nicht mehr stillhalten (wollen) und Krach schlagen werden. Ob in der Regierungspolitik gegenüber Griechenlands Linkem Alexis Tsipras, wo Gabriel an Angela Merkels Seite steht, oder gegenüber den USA, wo die Liste der Probleme lang wird, mit Stichworten wie Russland, NSA, Iran, TTIP, Wirtschaftspolitik. Das Dialektische ist: Wenn Kritik an der US-Kritik an der deutschen Wirtschaftspolitik geäußert wird, gegen wen richtet die sich dann auch? Genau, gegen den Parteivorsitzenden. Ein Vorletztes: diese Woche. Deutschlands mit Abstand beliebtester Sozialdemokrat ist Frank- Walter Steinmeier, der Außenminister, und der darf mit zum Friedensgipfel in die Ukraine (wenn es den gibt). Und wenn da was geht, dann geht der Erfolg auch mit Steinmeier heim. Keiner redet dann mehr davon, dass die Rückbesinnung der SPD auf Willy Brandts Friedenspolitik ein Gemeinschaftswerk mit Gabriel ist, buchstäblich.

Zum Letzten: Hamburg wählt am Wochenende. Und zwar wieder Olaf Scholz. Damit wird er bestätigt als der erfolgreichste Ministerpräsident der SPD. Das sieht er übrigens auch selbst so. Und so ruhig, wie Scholz alles Weitere abwarten kann, wird er noch ganz andere als Gabriel beunruhigen.

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